Kunst für alle
Die Welt, auch die der Oper, ist ungerecht. Während man den Großen stets, und sei es auch noch so kritisch, huldigt, führen die Kleinen meist ein Dasein im Schatten, sprich: Man bemerkt sie kaum. Doch gerade in den Darstellenden Künsten und hier insbesondere in der Oper liegt der große Gewinn in der Vielfalt. Und was das angeht, schauen die benachbarten Länder sehnsuchtsvoll nach Deutschland. Es ist dies nach wie vor das Land mit der größten Theaterdichte weltweit. Und das berühmte deutsche Stadttheater gewissermaßen das Fundament dieses Reichtums. Diesen vor Ort in Augenschein zu nehmen, ist Anlass und Impuls für die Serie «Opernwelt auf Landpartie», in der wir in loser Folge und von A bis Z die kleineren Häuser porträtieren
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Judica Semler kann das. Und erzählt, dass es, wenn Leute früher in der DDR Gesang studierten, oft hieß: «Wenn du schlecht bist, kommst du nach Döbeln!» Gewiss ein undankbarer «Ruf». Semler ficht die böse Sottise aber gar nicht an. Sie ist dem Mittelsächsischen Theater seit Jahren treu. War dort erst Regieassistentin, dann Oberspielleiterin, jetzt ist sie künstlerische Koordinatorin: Und sie weiß, dass das Klischee nicht stimmt. Denn tatsächlich sollte es heißen: «Wer für die Kunst lebt, kommt nach Döbeln.
» Zum «MiT», wie das «Mittelsächsische Theater» in seiner Kurzform heißt, kommt man gut mit dem Zug. Von Leipzig aus fährt man eine Stunde zum Standort Döbeln, von Dresden eine halbe Stunde bis nach Freiberg. Deo-Schwaden einer Schulklasse durchziehen das Abteil, die Bahn schnellt vorbei an vereinzelten Höfen und Baumreihen. Die Region Mittelsachsen ist ländlich. Aber die Kulturdichte bemerkenswert. Als eines der kleinsten Vierspartenhäuser Deutschlands versorgt das «MiT» Döbeln und Freiberg und vor allem die Umgebung beider Städte mit Theater. Bis zu vier Mal die Woche präsentiert es Schauspiel, Kindertheater, Sinfoniekonzerte und Oper – mitsamt ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt November 2024
Rubrik: Reportage, Seite 58
von Anna Chernomordik
Extraordinär
Im Grunde hatte sie keine Wahl. Beide Eltern waren Künstler, der Vater Opernregisseur, die Mutter Sängerin. Anna Prohaska folgte ihren Spuren und traf damit eine goldrichtige Entscheidung. Doch nicht die großen Partien sind die Domäne dieser Ausnahmekünstlerin, sondern ausgesuchte Rollenporträts und klug ersonnene Konzeptalben. Auf beiden Gebieten ist...
Am Anfang war das Nichts (das aber, wie Hegel zu Recht anmerkte, nicht das reine Nichts ist, sondern ein Nichts, von dem etwas ausgehen soll), die klaffende Leere als denkbar kleinste Existenz. Wie es darin aussah, wissen wir nicht. Aber ein wenig, was sich danach ereignete: ein lauter Knall, 13,8 Milliarden Jahre vor unserer Zeit, oder, je nach Blickwinkel, die...
Alexander Zemlinskys «Florentinische Tragödie» ist ein Werk von klaustrophobischer Dramatik: ein einziger Raum, darin drei Personen, die eine klassische Dreiecksgeschichte verhandeln. Zu einem Paar, das die gegenseitige Aufmerksamkeit für einander verlernt hat (oder sie noch nie besaß), gesellt sich ein junger Adeliger, der mit der Dame des Hauses nicht allzu...