Von antikischer Wucht
Marc-Antoine Charpentier, der große Konkurrent Jean-Baptiste Lullys und bedeutendste Kirchenkomponist des französischen Barock, ist hierzulande nach wie vor ein Geheimtipp. Lullys Alleinherrschaft über die Pariser Académie royale de musique verwehrte ihm die Opernbühne und überließ ihm nur den Nebenschauplatz der Bühnenmusik zu Molières Theaterstücken. Sein biblisches Drama «David et Jonathas» entstand 1688 fürs Jesuitentheater; «Mé-dée», seine einzige Oper, sechs Jahre nach Lullys Tod.
Obwohl er darin dessen verpflichtendem Modell einer Tragédie en musique in fünf Akten samt eines den Sonnenkönig verherrlichenden Prologs folgt, blieb das Stück erfolglos und wurde nach wenigen Aufführungen abgesetzt. Erst 1984 haben es Michel Corboz und William Christie wiederentdeckt. Christie hat es zweimal eingespielt, die Bühnen folgten zunächst zögerlich. Inzwischen gilt es als eines der Meisterwerke seiner Zeit.
Hört man nun die in Koproduktion mit dem Centre de musique baroque de Versailles entstandene Neuaufnahme unter Hervé Niquet, wird schnell klar, was 1693 zur Verdammung der méchant opéra (der «bösartigen Oper») durch die Anhänger Lullys führte – die von den Italienern beeinflussten ...
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Opernwelt Mai 2024
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 30
von Uwe Schweikert
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