Zauber der Verwandlung

Gluck/Berlioz: Orphée et Eurydice im Schloss Versailles

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Verträgt sich die Perspektive der musikalischen Romantik auf Meisterwerke der Vergangenheit mit dem Zugriff der Historischen Aufführungspraxis? Mendelssohns Bach-Bild in seiner Rekonstruktion der «Matthäus-Passion» oder Mahlers Retuschen von Beethovens neunter Symphonie scheinen aus heutiger Sicht doch eher Verschlimmbesserungen gewesen zu sein, die weit mehr über die musikalische Weltsicht der Nachschöpfer enthüllen als über den genuinen Geist der Schöpfer.

Um Originalität im Sinne von Authentizität oder musikalischer Werktreue ging es da jedenfalls weit weniger als den heutigen Apologeten der Alten Musik, die mit historischen Instrumenten und skrupulösem Quellenstudium nach den Wurzeln vergangener Musizierideale suchen.

Als sich allerdings der romantische Klangfarbenzauberer Hector Berlioz seinem frühklassischen Kollegen Christoph Willibald Gluck in seiner Fassung von dessen «Orphée et Eurydice» annäherte, entstand etwas ganz anderes – ein erfrischendes Bild des Meisters der Reformoper, das mit den gängigen Vorurteilen beherzt aufräumt. Glaubt man Letzteren, herrscht bei Gluck nichts als «edle Einfalt, stille Größe». Danach beruhigte er all die barocken Auswüchse von üppig ...

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Opernwelt Mai 2024
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Peter Krause

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