Auf tönernen Füßen
Deutschland 1923. Eine Nation ist in Nöten. Ist es, mit zunehmender Dauer dieses Jahres, immer mehr. Die Inflation, die längst keine normale Preissteigerung ist, sondern Züge des Absurden trägt, zwingt das Land in die Knie, Lebensmittel werden knapp und knapper, die Ökonomen sind ratlos, die Folgen der gewaltigen Reparationszahlungen nicht mehr zu bändigen, auch die politisch-soziale Stabilität ist spätestens mit dem Einmarsch französischer und belgischer Truppen ins Ruhrgebiet kaum noch gewährt.
Und am Horizont erscheint mit Adolf Hitler ein Mann, der nicht nur das gesamte Land, sondern Millionen von unschuldigen Menschen in den Abgrund stürzen wird. Mag sein Putsch -versuch in diesem Jahr auch scheitern, Hitlers Gift tröpfelt unaufhaltsam in die Volksseele hinein.
Ein Mann lässt sich weder davon noch von der misslichen Gesamtlage beeindrucken. Doch ist Karl Vötterle auch nicht so vermessen zu glauben, er könne die akademische Verlagswelt im Sturm erobern. Sein Beginnen ist bescheiden. Im September 1923 bringt der Sohn eines Maurers und gelernte Buchhandelsgehilfe erstmals die «Finkensteiner Blätter» heraus, ein achtseitiges Volksliedheft. Das ist, im Verhältnis zu den ...
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Opernwelt Dezember 2023
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Jan Verheyen
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