Bühnentier

Dass sie eine typische Stimme hat für die tragischen Heldinnen von Verdi, Cherubini, Strauss und Puccini, lässt sich nicht behaupten. Das weiß Elena Stikhina – und mit dieser besonderen feinherben Qualität spielt sie auch. Gerade war dies wieder in Münchens neuer «Aida» zu erleben. Eine nur äußerliche Bühnen-Show, Tontriumphe um ihrer selbst willen – all das ist mit der 36-Jährigen nicht zu haben. Ohnehin wird die gebürtige Russin von ihrer Neugier und ihrem Selbstbewusstsein immer wieder zu neuen, teils überraschenden Aufgaben getrieben

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Frau Stikhina, sind Sie manchmal neidisch auf Radamès? Er ist mit seiner Arie kurz nach Beginn dran inklusive hohem B, kann dann einigermaßen relaxen – und Sie müssen bis zur Nil-Szene warten ...
Na ja, für mich gibt es dazwischen noch einiges. «Ritorna vincitor» zum Beispiel. Ich bin nicht neidisch, weil Radamès letztlich dreimal weniger zu singen hat als Aida. Wir hatten in München einmal reine Musikproben, zunächst mit allen Chorszenen. Und danach gab es eine Sitzprobe lediglich mit Solo-Nummern und den Solisten-Ensembles.

Das war ziemlich herausfordernd für mich, weil mir zum ersten Mal richtig bewusst wurde, wie viel Aida singen muss – und wie lang diese Rolle ist. Eigentlich singt sie ständig, und manchmal kommt der Mann dazu.

Gibt es eine Angst vor dem hohen C für Sie?
Ich hatte nie Angst vor dem Ton, bis die Menschen mir gegenüber begonnen haben, darüber zu sprechen. Man ängstigt sich also eher vor dem, was die Menschen erwarten. Ohne das alles widmet man solchen Momenten gar nicht so viel Aufmerksamkeit. Es brauchte einige Zeit, bis ich mich dieser Situation angepasst hatte. Die Tessitura in der Nil-Szene ist überhaupt sehr hoch. Alles liegt im Passaggio-Bereich und ...

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Opernwelt 2023
Rubrik: Interview, Seite 79
von Markus Thiel

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