Keine leichte Kost
1917, auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs und in den Straßen der vernarbten Städte sterben seit Jahren völlig sinnlos Millionen von Menschen, schreibt Walter Hasenclever ein bitterbös-gnadenloses Gedicht: «Die Mörder sitzen in der Oper!» Und kaum gewaltiger könnte der Unterschied zwischen den Sphären sein, die der Dichter in scharfschneidende, expressionistisch verfinsterte Verse kleidet: «Ein Zug entgleist. Zwanzig Kinder krepieren. / Die Fliegerbomben töten Mensch und Tier. / Darüber ist kein Wort zu verlieren. / Die Mörder sitzen im Rosenkavalier.
» Zwei Jahre später wird das Gedicht veröffentlicht – «In memoriam Karl Liebknecht», jenes antimilitaristischen Sozialisten, der kurz zuvor, wie seine Mitstreiterin Rosa Luxemburg, von Mitgliedern der Garde-Kavallerie-Schützen-Division in Berlin brutal ermordet worden war.
Es ist keine leichte Kost, die uns Stefan Zednik mit seinen «Erkundungen zu einer unzeitgemäßen Kunst» serviert. Die Lektüre lohnt dennoch, weil sie mit kritisch reflektierendem Blick auf die Repräsentationsform Oper schaut, auf ihre bizarre, bisweilen absurde historische Selbstvergessenheit, als einer Kunstgattung, die als höfische in die Welt kam und bis ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 35
von Jan Verheyen
Mit seiner Inszenierung von Wagners «Parsifal» – einer der tiefsinnigsten und bildmächtigsten Regiearbeiten während der Intendanz von Peter Gelb – feierte François Girard 2013 einen Triumph an der Met. Enttäuschend fiel dagegen sieben Jahre später seine Lesart des «Fliegenden Holländers» aus, mit einer ineffektiven Personenführung und überflüssigen Videoeffekten....
Selbstlob stinke nur dem Neider, soll Goethe gesagt haben. So nimmt man denn mit Schmunzeln zur Kenntnis, dass Claudia Behn Rezensionen zu ihrer Biografie über die Koloratursopranistin Rita Streich (1920–1987) gleich selbst verfasste: Dies wäre «ein wunderbares, interessantes und flüssig lesbares Buch, das sich auch als Weihnachtsgeschenk für Opernliebhaberinnen...
Sandrine Piaus neuestes, gemeinsam mit ihrem inspirierenden Klavierpartner David Kadouch konzipiertes Liedprogramm ist ein Bekenntnis. Es lädt zu einer intimen Reise an die vergangenen, erinnerten, ersehnten und unerreichbaren Orte unseres Lebens ein – «bis hin zum letzten Weg in den Tod», wie sie selbst sagt. Gereist wird in zwei Sprachen, zwei Musikkulturen, auf...