Well made play
Der kleine Amor hat spürbar Lust auf diesen Abend. Zu den ersten Takten des Vorspiels klettert er aus den Tiefen des Bühnenbodens herauf, richtet die Kissen und zieht beim übergroßen Himmelbett die Gardinen zu für das, was wir im Orchestergraben ohnehin schon deutlich hören: den Liebesrausch zwischen der Marschallin und ihrer jugendlichen Amour fou Octavian.
Nicht nur das Bett ist einladend ausladend, auch der Stuck an Decke und Wänden, die Kronleuchter sind es – Regisseur Bruno Ravella und sein Bühnenbildner Gary McCann haben für diese Koproduktion mit der Garsington Opera und der Opera Santa Fé ganz auf riesigen Rokoko-Zuckerdekor gesetzt. Das Personal in diesem Interieur erinnert an die Commedia dell’arte. Sophie etwa kommt als Lolita in knallrotem Kleidchen daher, der verkleidete Octavian im Dirndl, die Marschallin in höfischer Prunkmode, und der Baron Ochs erscheint auf der Bildfläche im schlechtsitzenden Frack, mit falschen Socken und rotem Klamaukbart.
Zum Leben erwacht dieser «Rosenkavalier» durch die Sängerinnen und Sänger: Paula Murrihy kehrt mit einer ihrer Paraderollen in die Heimat zurück und legt den Octavian empathisch-melancholisch an. Mit nie versiegendem ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: Panorama, Seite 51
von Stephan Knies
Es sind Klänge wie aus dem Urgrund des Seins, die da im Vorspiel zum dritten Aufzug von Wagners Handlung aus dem Orchestergraben drängen. Diese Musik hat den Odem von warmem, lastend dampfendem, dunklem Humus, auf dem einst von Tristans Vätern die Burg Kareol erbaut wurde, die offenbar weit weniger ein Ort der rauschenden Feste ist, doch eher Blaubarts fensterlosem...
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