Surreale Drohkulisse
Der Ausgangspunkt war Gertrude Stein. Eigentlich wollte Pascal Dusapin eine Kammeroper über «Doctor Faustus lights the Lights» schreiben. Doch dann platzte Robert Wilson mit einem Stein-Faust-Projekt in die Vorarbeiten. So blieben die Skizzen unerledigt liegen. Die Figur ließ den Komponisten allerdings nicht mehr los.
Einen Auftrag der Berliner Staatsoper in der Tasche, wählte Dusapin schließlich Marlowes Faust-Drama, um sich seinen eigenen Libretto-Reim auf den Doktor zu machen – unter Einbeziehung diverser Text- und Motivsplitter aus Shakespeare, Blake, Melville und Beckett. Faust und Mephisto treffen in dem 90-Minuten-Stück auf Sly und Togod – und einen Engel, der in schrillen Koloraturen Unheil prophezeit: moderne Heimatlose, geistig Entwurzelte auf der Suche nach Sinn. Eine surreale menage à cinq, um die Dusapin ein engmaschiges Netz flächiger Streicherklänge und eruptiver Bläserkürzel zieht.
Jonathan Stockhammer peitscht mit dem Orchestre de l’Opéra de Lyon die (meist in drei- bis vierfachem Pianissimo notierte!) Musik zu einer labyrinthischen Drohkulisse auf, aus der es für die sprechsingenden Solisten kein Entrinnen gibt. Wie bei der Berliner Uraufführung (siehe OW ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Wann hat es ein neues, junges Opernfestival geschafft? Wenn sich die internationale Presse aufmacht ins noch immer etwas abgelegene Baltikum? Wenn sich im Publikum auch Reisegruppen von Opernfreunden finden, die es – etwa in Baden-Baden – sonst eigentlich etwas exklusiver und teurer haben? Wenn auch das einheimische Publikum trotz eher niedriger...
«Fang mich doch» am Staatstheater Mainz. Auf einer Stunde-Null-Bühne (Marc Weeger) spielen drei Kinder. Wer Donizettis «Lucia» oder Walter Scotts «Bride of Lammermoor» nicht kennt, kommt mit einem Blick ins kompakte Programmheft aus: Auf der Bühne wird die Vorgeschichte der «Lucia»-Oper umrissen. Der kleine Enrico Ashton und seine Schwester Lucia spielen mit...
Nikolaus Harnoncourt meinte einmal, wenn man sich die leidenschaftlichen Plastiken eines Bernini ansehe, könne man sich nicht vorstellen, dass die Musik jener Zeit weniger leidenschaftlich gewesen sei. In der Tat ist die Meinung, dass das artifizielle Element des Barockgesangs zugleich stimmfarbliche Anämie bedeute, historisch kaum belegbar. Freilich schien mit...
