Glosse: Mehr Meyerbeer! Mehr Licht!

Wie Bayreuth sich erneuern sollte

Giacomo Meyerbeer war nie am Grünen Hügel in Bayreuth. Wie auch, der Schöpfer so einiger be- deutender Grandes Opéras hatte das Zeitliche bereits gesegnet, als das Festspielhaus im Fränki- schen seine Pforten öffnete. Und selbst wenn er als ein Engel vom Himmel hätte herabschweben können, wäre es in den heiligen Hallen womöglich zu einem veritablen Hauen und Stechen gekommen – zwischen Jakob Meyer Beer, dem Jungen aus gutem Berliner Hause, und Richard Wagner alias Karl Freigedank, dem Verfasser der Hetzschrift «Das Judenthum in der Musik» und Leipziger Spross.

 

Jascha Nemtsov, der in der bundesdeutschen Kapitale lebt, mithin in der Geburtsstadt Meyerbeers, war auch nie bei den Festspielen in Bayreuth. Aber nicht, weil er nicht die Gelegenheit hätte, dorthin zu pilgern. Nemtsov mag diesen Ort einfach nicht. Ganz und gar nicht. Der Musikwissenschaftler, Pianist und Professor für die Geschichte jüdischer Musik in Weimar und Potsdam findet den Ort allzu stark «kontaminiert – sowohl durch seine Geschichte als auch durch seine Gegenwart». Bayreuth, so Nemtsov in einem Radiointerview, sei «eine Art Kultstätte, kein normales Festival», dem auch heute noch «so eine Art Geschmack von diesem ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2022
Rubrik: Magazin, Seite 81
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Süßer Schrecken

Gefiel nicht», ist auf dem Theaterzettel der Mannheimer Erstaufführung von Mozarts «Così fan tutte» vom 12. Mai 1793 vermerkt. Mozarts gewagteste Oper wurde von den Zeitgenossen in moralische Sippenhaft genommen für ein frivoles Libretto, bei dem, so Paolo Mezzacapo de Cenzo, «nichts durch die Blume, sondern alles durchs Geschlecht gesagt» ist. Selbst als die...

Staunen am Stausee

Plamen Kartaloff ist ein charismatischer Mann. Schlohweißes Haar – eine luxuriöse Bräune und ein gewinnendes Lächeln im Gesicht. In der Pause der Vorstellung von Wagners «Fliegendem Holländer» lädt er den angereisten Opernkritiker zu bulgarischem Weißwein und Thunfisch-Wraps. Wir schauen direkt auf den See. Ein schöner bulgarischer Mann mit Latino-Locken schenkt...

In Wagners Welt

Der Premierentitel und das ganze Drumherum dieses vierstündigen Spektakels passten zu den Ambitionen der neuen Intendanz in Kassel und ebenfalls zur heißdisktutierten documenta – mit einem kleinen Unterschied: Das politische Porzellan blieb diesmal heil. Mit «Temple of Appropriated Histories», einer interdisziplinären Bühneninszenierung des Projekts «Temple of...