Das Gruselhaus
Die Einschätzung war triftig: Als «Apokalypse im Familienmaßstab» bezeichnete Hanns Eisler den 1930 an der Oper Frankfurt uraufgeführten Einakter «Von heute auf morgen». Arnold Schönbergs Beitrag zum seinerzeit avancierten Zeitoperngenre, der in drastischen Farben die Ehekrise eines einander entfremdeten Paares schildert, bildete nun am gleichen Ort die Exposition des Bühnenabends «Warten auf heute», für den Regisseur David Hermann und Bühnenbildner Jo Schramm aus drei Schönberg-Werken und einem Liederzyklus von Frank Martin ein abgründiges Beziehungsdrama kreierten.
In raffinierter Verzahnung der vier Stücke begleitet die Inszenierung die Protagonisten vom Scheitern ihrer Beziehung bis zum vereinsamten Tod.
Ausgangpunkt der Tragödie bildet ein Einfamilienhaus im US-Amerika der 1950er-Jahre. Ein stereotypes Idealbild mit Vorgarten und Veranda; ein Idealbild, dem der Farbanstrich abhandengekommen ist: Überall herrscht Einheitsgrau; Baumkronen und Sträucher sind eingehüllt in fahle Netze. In die Wände hat der Bühnenbildner sichtbare Sollbruchstellen einbaut, an denen sie sich verschieben, aufbrechen und auseinanderweichen können. Nicht nur bühnentechnisch ist das wandlungsfähige ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Silvia Adler
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