Diskografisches Glück

Endlich auf CD: Riccardo Mutis glanzvolle Interpretation von Verdis «Messa da Requiem», mit Jessye Norman, Agnes Baltsa, José Carreras und Jewgenij Nesterenko

Opernwelt - Logo

Ein pianissimo ist ein pianissimo ist ein pianissimo? Im vorliegenden Fall ist es die um ein My leisere Variante, ein pianopianissimo.

Fast unhörbar, wie aus weiter Ferne, so als sei sie Ankündigung des nahenden Todes, erklingt die Linie der Violoncelli und steigt sie eine Oktave hinab, vom kleinen e zum großen E, dessen Erscheinen die Leere der Welt bekundet (wie sie außer Giuseppe Verdi derart magisch nur noch Gustav Mahler in seinen vierfachen piani zu beschwören wusste ), bevor, sotto voce und pianissimo, Tenöre und Bässe das Wort «Requiem» intonieren, in zwei müden Achteln und einem Viertel – als leere, Leiermann’sche Quinte.

 Als Riccardo Muti Anfang Oktober 1981 an zwei aufeinander folgenden Abenden im Münchner Herkulessaal Verdis «Messa da Requiem» dirigierte, zeigte er schon in diesen Anfangstakten des Andante seine hohe Meisterschaft: Mit formidablem Klangsinn und unglaublich sublimem Gespür für dramaturgische Spannungsabläufe, das «richtige» Tempo und die «richtige» Balance, das nur den Großen in die Wiege gelegt ist, formte der italienische Dirigent das «Requiem» zu einer musikalischen Parabel vertiefter Innerlichkeit. Dass er es vermochte, hatte allerdings auch mit ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2022
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 22
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Drei Sänger im Schnee

Sant’ Andrea della Valle, Palazzo Farnese, Engelsburg: Wer könnte diese ikonografischen Orte nicht sofort vor seinem inneren Auge abrufen, wenn er von «Tosca» hört? Und wie sollte, im Rom um 1800, die Handlung anders ablaufen als von Puccini und seinen Librettisten notiert? Aber ist «Tosca» ein derart «veristisches» Werk, dass es der Originalschauplätze überhaupt...

Wie ein zuvor nie dagewesener Ton

Was für ein poetisches Bild. Eine Frau sitzt versonnen an einer Orgel, die Rechte sanft auf die Tasten gelegt, sie scheint darüber nachzudenken, wie der Ton, den sie gleich anschlägt, klingen möge, was er auslösen, bewirken könnte in all seiner Flüchtigkeit, Resonanz und (möglichen) Kontingenz. Oder ob nicht vielleicht nicht dieser einzige Ton imstande wäre, die...

Seelenvoll, sonnenhell

Hätten wir nicht die Musik selbst, das Schönste an diesem Album wären die Bilder. Präziser: jene Fotografien, auf denen Martha Mödl im eleganten Abendkleid neben dem ernst dreinblickenden Wieland Wagner in ein munteres Gelächter ausbricht, als «Ring»-Heroine auf der Wagnerschen Scheibe hockt, oder im quartetto grazile mit ihrem Sangespartner Wolfgang Windgassen,...