Warten auf Godot
Das öffentliche Interesse war enorm, als Markus Gabriel, damals der neue Star am deutschen Philosophenhimmel, 2013 ein Buch mit dem Titel «Warum es die Welt nicht gibt» schrieb. Allein die Vorstellung, diese Welt, wie wir sie kennen, existiere nicht, sorgte für erheblichen Diskussionsstoff. Dass Gabriels Theorem, das natürlich ein trickreiches war, weil es nur dazu diente, einen «Neuen Realismus» zu proklamieren, doch eine gewisse Bedeutung auch für die Opern-Welt erlangen würde, konnte man seinerzeit nicht wissen.
Die vergangene Saison aber hat uns vorgeführt, wie es ist, wenn es eine solch musiktheatrale «Welt» nicht mehr in gewohnter Art und Weise gibt. Denn die Pandemie sorgte dafür, dass ein Großteil der Produktionen nicht live gezeigt werden konnte und die Spielzeit als eine pulverisierte erschien. Gleichwohl gab es Musiktheater, über das zu diskutieren es sich lohnte
Es ist vermutlich nicht allzu gewagt, die These aufzustellen, dass Wladimir und Estragon, die wohl berühmtesten Landstreicher der Theatergeschichte, alles andere als besonders glückliche Menschen zu nennen sind. Sie warten auf ein Glück, das sich nicht einstellt, vermutlich nie einstellen wird. Mal stoisch, ...
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Opernwelt Jahrbuch 2021
Rubrik: Bilanz einer vollendet unvollendeten Saison, Seite 4
von Jürgen Otten
Hat alles nichts gebracht: die echten Flüchtlinge auf der Bühne; die Kinder aus Afrika, die Armut beglaubigen sollten, obwohl sie aus einer intakten, gar nicht so armen Familie kamen; die Nutten, Nutten und abermals Nutten, die der alten, elitären Oper mehr street credibility verschaffen sollten. Völlig nutzlos! Von der Relevanz, die mit diesen «Einfällen» des...
Ein guter Regisseur zeichnet sich, wie ebenfalls ein guter Dramatiker, dadurch aus, dass er die Wirklichkeit vermittels einer Fabel zu überhöhen weiß. Einem großen Regisseur gelingt es zudem, die Protagonisten dieser Fabel zu radikal authentischen (und autonomen) Bühnengestalten zu formen. Lorenzo Fioroni kann das, das zeigte sowohl seine Inszenierung von Dusapins ...
Die Sängerinnen und Sänger des Staatstheaters Karlsruhe verbeugen sich beseelt lächelnd nach der im Mai live gestreamten Premiere von Giacomo Puccinis «Gianni Schicchi» in Richtung Kameras. Ansonsten bleibt es still. Das Publikum ist abwesend. Wenn die Oper keine einseitig kommunizierende Röhre ist, dann war die zu Ende gegangene Spielzeit eine katastrophale, die...