Schubert lebt!

Andrè Schuen und Daniel Heide entführen uns mit ihrer kongenialen Deutung der «Schönen Müllerin» in die melancholisch schimmernde Welt der Romantik

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Das Wandern ist des Müllers Lust? Weit gefehlt. Schon im Vorspiel macht Daniel Heide deutlich, dass diese Reise wohl eher beschwerlicher Natur sein wird. Nicht eine Tartanbahn oder gar ein samtseidener Teppich dienen dem Wanderer als Untergrund – holprig und steinig sind die Pfade, die er betritt. Schwer rattern die Sechzehntel der Rechten, Bydlo-schwer schleppen sich die Achtel im Bass voran. Und auch die Stimme Andrè Schuens ist bereits in den ersten Takten weniger von Frohmut als von Verzagtheit und Unruhe geprägt. Ob er sein Ziel jemals erreichen wird, scheint zumindest fraglich.

Und bleibt es bis zum Schluss.

Vor allem darin liegt die hohe Kunst dieser Ausdeutung: Sie belässt den Hörer im Ungewissen. Spannt ihn auf die Folter. Drückt ihn in den Sessel. Und gewährt zugleich den Blick in eine verwundete Seele. Die Gründe dafür liegen im Wesen der Interpretation selbst. Jeder Moment ist so differenziert, delikat und pointiert ausgestaltet, als sei gerade er der alles entscheidende. Davon lebt das Ganze. Und davon, dass hier zwei  Künstler miteinander musizieren, deren Idee von Schuberts «Schöner Müllerin» zu 100 Prozent übereinstimmt. All die Irrungen und Wirrungen, denen der ...

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Opernwelt Mai 2021
Rubrik: CD des Monats, Seite 31
von Jürgen Otten

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