Blick ins Innere
Wenn’s denn ein Kalauer sein darf: Das Auge war in aller Munde. Johannes Leiacker hat es für Giacomo Puccinis «Tosca» auf der 700 Tonnen schweren und sieben Millionen Euro teuren Bregenzer Bodenseebühne entworfen, 50 Meter breit, 30 Meter hoch. Seine Pupille kann ausgeklappt, gedreht und geschwenkt werden. Dann ist sie die zentrale Spielfläche.
Das Bregenzer Auge ist, der Gräfin Attavanti abgeguckt, Teil des Kirchengemäldes, mit dem Cavaradossi die Eifersucht Toscas weckt, und es steht unter anderem auch für den totalen Überwachungsstaat des Polizeichefs Scarpia, dessen Geheimdienst alles sieht.
In diesem Auge finden sich Scarpias Folterkammern, und aus ihm tönen die grässlichsten Schmerzensschreie, die der malträtierte Oppositionelle und verhasste Nebenbuhler Cavaradossi je hören ließ. Kein Wunder, dass die Adern des Auges sich auch mal blutgetränkt darbieten. In diesem Auge wird mit allem römischem Pomp das «Tedeum» gesungen, dieweil unterm inzwischen aus dem See emporgewachsenen, 14 Meter hohen Stahlkreuz die politischen Häftlinge reihenweise abgeknallt werden. Lange wirkt Leiackers Auge malerischer, flächiger und somit enttäuschender als die Bühnenskulpturen, die vordem den ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Silbern glänzte der Horizont und spiegelte sich in vielen kleinen und größeren Seen. Die Bäume davor schwarz und filigran, als wären sie Scherenschnitte. Grausame Ästhetik, denn die Seen waren überschwemmte Äcker und Wiesen; die viele Tage währende Juli-Sintflut hatte weite Strecken lieblicher englischer Landschaft unter Wasser gesetzt und zahlreiche Ortschaften...
Die Salzburger Festspiele haben im Mozartjahr 2006 alle 22 Mozart-Opern szenisch präsentiert. Alle Produktionen sind inzwischen auch als DVD erhältlich (siehe OW 2/2007). Die globale Distribution selbst der Jugendwerke und Fragmente kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Mozart-Kanon in den letzten beiden Jahrzehnten kaum verbreitert hat. Gewiss,...
Herr Domingo, zu Beginn Ihrer Karriere war die Hamburgische Staatsoper eine der wichtigsten Stationen. Nehmen wir einmal an, Hamburg hätte Ihnen eines Tages angeboten, dort Staatsopernintendant zu werden. Wäre das eine ernsthafte Versuchung gewesen?
Eine reizvolle Vorstellung. Aber leider unrealistisch. Aus einem Grund: die Familie. Meine drei Söhne leben mit ihren...