Lust und Kontrolle
Galant, taktvoll sind solche PR-Jubiläen ja weniger. Zwei Jahrzehnte liegt die CD-Großtat zurück, ganze drei die Unterschrift unter dem Exklusivvertrag mit dem Label – wer mag da nicht gleich Altersberechnungen anstellen? Cecilia Bartoli kümmert das mutmaßlich wenig, weil man es ihr vor allem nicht anhört. «The Vivaldi Album» elektrisierte 1999 die Musikwelt und führte dem Normalkonsumenten (inklusive neugierig gewordener Intendanten) vor, dass es da noch Wildes, Überrumpelndes jenseits des Händel-Kosmos gibt.
Eine verrückte Platte, auf der Zärtelndes unterbrochen wurde durch eine Verbindung von Koloraturen-Feuerwerk und Konsonanten-Gewitter. Al dente und auf Angriff musizierten Il Giardino Armonico und trieben la Diva in den Vokalwahnwitz.
Jetzt, auf ihrem zweiten Vivaldi-Album, präsentiert sich die Künstlerin eine Spur anders. Die zehn Arien (zusammengerechnet nur eine knappe Stunde) sind neu in ihrem Portfolio. Sie führen zwar die bekannten Fertigkeiten vor, sind aber intimer, nach innen gerichtet, oft reinste Opernkammermusik. Was auch daran liegt, dass Jean-Christophe Spinosi mit dem Ensemble Matheus filigraner, delikater unterwegs ist als seinerzeit Giovanni Antonini. ...
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Opernwelt Januar 2019
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 23
von Markus Thiel
Nebel in dichten Schwaden. Von den Seitenbühnen, im Zuschauerraum. Im roten, grünen und blauen Gegenlicht wird das wabernde Trockeneis zu einem unergründlichen Ozean, in dem sich die Umrisse von drei Gestalten abzeichnen: Es könnte der Beginn einer «Rheingold»-Inszenierung sein. War es im Grunde auch. Ganz ähnlich hatte es 1988 im Bayreuther Festspielhaus begonnen....
Es ist angerichtet. Der arielgleiche Sturm hat sich verflüchtigt, das lästig-lärmende Volk ist nach Hause gegangen, der bestirnte Himmel funkelt hell, und aus dem Graben steigt, mild-versonnen, legato e dolcissimo, con espressione, eine dominantisch geformte Kantilene des Solo-Cellos empor, auf deren Flügeln alle Liebenden dieser Welt Platz hätten. Das ist der...
Die Terroristin trägt Prada. Schulterfrei. Lang, in eleganten Wellen, fließt die glutrote Seide an Medeas Körper herab, schmückt sie mit majestätischer Aura. Doch wie anders ist das Empfinden der gottgleichen Zauberin. Diese Frau, in deren Leben seit jeher die großen, gemischten Gefühle dominierten, ist nun durchglüht von heiligem Zorn. Zorn auf die Welt, auf die...