Freiheit durch Präzision

Dirigent Maxime Pascal und Regisseur Benjamin Lazar sorgen an der Opéra Comique in Paris für die französische Erstaufführung von Stockhausens «Donnerstag» aus «Licht»

Opernwelt - Logo

Immer wieder gab es Zeiten, da glaubten Komponisten, sie könnten mit Musik die Welt verändern. Das gilt, grosso modo, auch für die Heroen der Nachkriegsavantgarde. Heute würde man eine solche Haltung wohl für naiv halten, vielleicht sogar verspotten.

Doch ist es nicht gerade eine beinahe kindliche Naivität, die im Zentrum von Karlheinz Stockhausens künstlerischem Denken steht? Zumal im Zentrum seines gigantomanischen «Licht»-Zyklus? In «Donnerstag», dem dritten Stück der Heptalogie, das nun an der Opéra Comique seine französische Erstaufführung erlebte, herrscht Luzifer den Engel Michael an: «Du bist ein hoffnungsloser, naiver Narr.» Am Ende gewinnt dieser naive Narr freilich die Oberhand.

Mit dieser hinreißenden Produktion bestätigt sich der Eindruck, dass das derzeit innovativste, risikofreudigste Pariser Opernhaus an der Place Boieldieu steht. Stockhausen – das ist an diesem Ort womöglich ein noch größeres Abenteuer als anderswo. Ein Abenteuer, das allen, die dabei waren, ein unvergessliches Erlebnis bescherte. Schon die mit Wagner konkurrierenden Maße des «Donnerstag» sprengen den an der Opéra Comique üblichen Rahmen. Und nach wie vor kann man von einer Rarität sprechen: Seit ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Januar 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Christian Merlin

Weitere Beiträge
Wie es Euch gefällt

Auf den Aufstand der Matrosen ist man in Kiel mächtig stolz. Als Helden einer Erhebung werden sie heute verehrt, die das morsche Kaiserreich zum Einsturz brachte. Als mutige Vorkämpfer der ersten Demokratie auf deutschem Boden. Der Platz zwischen Hauptbahnhof und Hörn, dem südlichen Hafenbecken, trägt seit 2011 ihren Namen, und in der alten Fischhalle am Wall...

Die Frau vom Meer

Draußen, vor der Tür, die Kälte. Eisige Winde, Regenfäden, grauschwerer Himmel. Drinnen, im Ballettprobensaal, das Gleiche, nur in anderen Farben, Formen, Figuren. Eine Stiefmutter, deren Seele so schwarz ist wie ihr Kleid, zwei Stiefschwestern in blaustrümpfiger Blödheit, mit geflochtenen Zöpfen auf dem Kopf und Gemeinheiten im Gehirn. In ihrer Mitte die...

Talentförderung mit Familienanschluss

Drei verschiedene Opern an drei aufeinanderfolgenden Tagen: Was in Berlin oder Wien noch immer selbstverständlich scheint, ist in Italien eine Attraktion. Längst hat restriktive Kulturpolitik die einst blühende Opernlandschaft zwischen Triest und Catania zerschlagen. Ausgenommen sind ein paar Leuchttürme wie La Scala oder das Orchester der Accademia di Santa...