Flieg, Adler, flieg!
Der Mörder kommt mit der Axt in der Hand. Furchterregend sieht er aus, der kahlköpfige Lagerinsasse Schischkow, in seinem lang-schwarzen Ledermantel, mit weit aufgerissenen Augen. Ein Abgrund Mensch, vom Teufel besessen, hinabgesunken in das Animalische seiner Existenz. Dabei steht ihm der Sinn jetzt gar nicht nach Gewalt. Schischkow will Zeugnis ablegen von jener unheilvollen Tat, die ihn in dieses Totenhaus brachte – der Schlachtung Akulkas.
Und so wandert er wie Rilkes Panther durchs Gehege, schwingt das kalte Beil, sucht nach Fassung, findet keinen Frieden – und ersehnt doch nichts mehr als Befreiung von seinen Seelenqualen.
Leos Janáček hat ihm in seiner letzten Oper eine Musik komponiert, deren expressive Enden – hier die Sonne des kammermusikalischen Lyrismus, dort der Donner des Herb-Dramatischen – Lichtjahre auseinander liegen (und genau so ambivalent auch von Simone Young und dem Bayerischen Staatsorchester ausgestaltet werden); eine Musik, die das Extreme nicht nur sucht, sondern immanent besitzt, so ganz nach dem von Janáček selbst formulierten Credo: «Nicht nur um der Schönheit und der Lieblichkeit willen, sondern um der Lebenswahrheit willen ist der Gesang da; man ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
In den vier Jahren seit ihrer Gründung hat sich die Heartbeat Opera unter New Yorks Off-Broadway-Kompanien mit ihrem Markenzeichen hervorgetan: Bekannte Repertoirestücke werden auf brandaktuelle Themen abgeklopft, beschnitten, umgestellt, kurz: pointiert. Dabei können sich die künstlerischen Leiter Ethan Heard und Louisa Proske auf ein fähiges Musikerteam stützen....
«Wählt der Herr einen heil’gen Stoff?» Das fragen die Meistersinger von Nürnberg ihren Vorsingkandidaten Walther von Stolzing, wobei die Antwort, jedenfalls aus Sicht der Meister, etwas diffus ausfällt: «Was heilig mir, der Liebe Panier schwing ich und sing ich.»
Auch Bejun Mehta schwingt auf seinem neuen Album «Cantata – yet can I hear ...» solcherart zwischen...
Der Vorhang fließt zur Seite, und was hören wir? Musik jedenfalls nicht. Nur ein hässliches, elektronisch verstärktes Schaben, verursacht von einem Greis, der im schwarzen Lederanzug an gedeckter Miniaturtafel sitzt und mit höchster Mühe seinen Stuhl zurechtrückt. Verwundern darf diese Quälerei nicht, schließlich ist Hieronymus Makropulos biblische 375 Jahre alt....