Ich bin dein Licht
«Spezialisten», meinte Nikolaus Harnoncourt vor Jahren im Gespräch mit dem Schreiber dieser Zeilen, «betrachte ich mit Misstrauen. Denn wenn ich etwa nur Musik des Barock spiele, verliere ich den Kontakt zu dem, was künstlerisch sonst noch geschah und geschieht. Das Blickfeld wird eng, was man auch der Interpretation anhört ...» Wenngleich die älteste zur Verfügung stehende Schallplattenaufnahme mit Anne Sofie von Otter der Musik des früheren 18.
Jahrhunderts gilt – sie singt die Altsoli in Bachs Weihnachtsoratorium, nicht mit Harnoncourt allerdings, sondern unter John Eliot Gardiner – und die Schwedin mit dem Maestro aus Dorset und mit Alter Musik ihren internationalen Durchbruch schaffte (u. a. als Glucks «Orfeo»), hat sie sich nie in eine Schublade der Musikgeschichte legen lassen. Ihr Blickfeld war stets weit; sie zählt zu den vielseitigsten Sängerinnen unserer Zeit. Von Otters Programme – von Renaissance (Monteverdi) zur Moderne, unter anderem mit Werken aus Theresienstadt bis zum Pop – zeugen von Klugheit und genau disponierten Dramaturgien. Wie souverän sie auch als Diseuse ist, führte sie in Christoph Marthalers für sie konfektioniertem Stück «Isoldes ...
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