Editorial

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Altenburg, Ost-Thüringen, Oktober 2016. Kurz vor dem Ende der Kundgebung am Roßplan richtet Frank Schütze, Sprecher des sogenannten «Bürgerforums Altenburger Land», noch einen Appell an «die Freunde» – für den Nachhauseweg, mit Blick auf eine kleine Gruppe lautstark protestierender Gegendemonstranten: «Bitte zertretet kein Geschmeiß.» Eine Stunde lang haben Schütze und seine Mitstreiter zuvor gegen «Masseneinwanderung fremder Menschen», die «Flutung» der Stadt mit Flüchtlingen und «die Lügen der Politiker» gewettert.

Bevorzugte Zielscheibe der Ressentiments ist die vorgeblich für den Zuzug von rund 1600 Migranten verantwortliche Landrätin Michaele Sojka (Die Linke). Inzwischen steht auch das Landestheater Altenburg unter Beschuss. Als «intellektuelle Zwerge» und «Opportunisten», die «nicht für ihre Ideale», sondern nur «für ihre Dienstherrin Sojka» einstehen und von «von Euch erwirtschafteten Steuergeldern» leben, beschimpft Andreas Sickmüller, der zweite Redner, die Theaterleute – ein Mann, der seine Munition gern aus dem Arsenal der kruden Verschwörungsrhetorik eines Jürgen Elsässer bezieht. Ganz offen ruft Sickmüller zum Boykott der Bühne auf.

Nicht nur in Altenburg ist der ...

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Opernwelt Dezember 2016
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Albrecht Thiemann

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