Kleiner Mann, was nun?
Figaro ist los! Drei Monate lang hat sich Los Angeles unter dem Motto «Figaro Unbound» mit Ausstellungen, Seminaren, Theaterproduktionen und Filmprogrammen dem Geist der Französischen Revolution verschrieben und Beaumarchais’ Komödienvorlagen um die Figur des Figaro in den Mittelpunkt eines Festivals gestellt.
Dessen Herzstück lieferte die Los Angeles Opera mit Produktionen von Rossinis «Barbiere di Siviglia», Mozarts «Le nozze di Figaro» und John Coriglianos 1991 uraufgeführter Oper «The Ghosts of Versailles», die sich am dritten Teil von Beaumarchais’ Figaro-Trilogie, «La mère coupable», orientiert.
So einfallsreich das groß angelegte Projekt um die populäre Schlüsselfigur der Operngeschichte auch sein mag: Unweigerlich stellt sich die Frage, inwieweit Figaro jenseits seiner gewitzten, den Komödien-Plot turbulent vorantreibenden Volten zur Revolutionsikone taugt. In Los Angeles jedenfalls sind es in der Regel die anderen, die Almavivas und Susannas, die am Ende von seinen Intrigen profitieren und ihn überlisten, während er kaum mehr als ein Getriebener bleibt.
Besonders drastisch illustrierte diesen Umstand einer der originellsten Festival-Beiträge, «¡Figaro! (90210)», Vid ...
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Opernwelt April 2015
Rubrik: Magazin, Seite 78
von Simon Williams
Drei abgehackte Köpfe, damit haben wir gerechnet, summa summarum. Wer auszieht zu dreimal «Salome», muss sich schließlich auf eine gewisse Anzahl Kunststoffleichenteile gefasst machen. Aber es werden fünf. Und drei davon gehören nicht Jochanaan.
An Coburg liegt es nicht. Hier wird solide am Libretto entlang erzählt, und auf dem Höhepunkt gibt’s Jochanaans bleiches...
Der dunkle Bruder des Erfolgs heißt Vergessen. Wie bei Glucks und Bertonis «Orfeo», Mozarts und Gazzanigas «Don Giovanni». Oder eben bei Gioacchino Rossinis und Giovanni Paisiellos «Il barbiere di Siviglia». Warum wurde das eine Werk von der Rezeption hofiert, das andere hingegen auf ein Abstell- oder zumindest Nebengleis geschoben? Bei Paisiellos «Barbiere» mag...
Peter Konwitschny (Regisseur): Woher kommt unser Theater? Es ist in Griechenland entstanden. Und zwar in Zusammenhang mit der Entstehung der Polis, einer demokratischen Verfassung, des Staates. Im Zentrum stand der Dialog. Alle freien Bürger gingen ins Theater und diskutierten über das, was sie gesehen hatten. «Die Perser» zum Beispiel. Oder «Antigone». Das war...