Helden, Jungfrauen, Liebhaber

Sonya Yoncheva, Bryan Hymel und Piotr Beczala fühlen sich in die Klangwelten der französischen Oper ein

Opernwelt - Logo

Seit sechs Jahrzehnten gibt es für die Hauptwerke der französischen Oper des 19. Jahrhunderts keine rein muttersprachlichen Ensembles mehr, stellt Jürgen Kesting im Booklet zu Piotr Beczalas «The French Collection» fest. Wo aber «nurmehr eine Versammlung polyglotter Sänger» Gounod, Massenet und Bizet interpretiere, beklagt der Stimmspezialist, gingen «die Merkmale eines spezifischen nationalen Stils» immer mehr verloren. Die Kardinaltugend ist für die Franzosen in allen kulturellen Gattungen die clarté, also die Klarheit.

Bezogen auf die Musik heißt das: Die melodische Linie soll stets aus dem natürlichen Sprachfluss entstehen. Wobei der Deutlichkeit der Aussprache ein höherer Stellenwert zugemessen wird als der puren Schönheit des Tons.

Um diesem Ideal nachzuspüren, sich in die Eigenheiten der ars gallica einzufühlen, muss man allerdings nicht zwingend auf dem Boden der Grande Nation zur Welt gekommen sein, wie aktuell eine Bulgarin, ein Pole und ein Amerikaner beweisen. Sonya Yoncheva hört man zwar an, dass sie vor allem mit italienischem Repertoire aufgewachsen ist, wenn sie selbstsicher das «E strano» aus der «Traviata» darbietet oder Mimìs Arie aus dem dritten «Bohème»-Akt, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 28
von Frederik Hanssen

Weitere Beiträge
Gesamtkunstwerk?

Händel ist heute weltweit der populärste, meistgespielte Opernkomponist vor Mozart. Das zeigt sich Jahr für Jahr auch am enormen Publikumszuspruch bei den Internationalen Händel-Festspielen in Karlsruhe, die im 38. Jahr ihres Bestehens alle Verkaufsrekorde brachen. Die badische Metropole ist damit neben Göttingen und Halle zum dritten Zentrum der deutschen...

«Ich war nie vorsichtig»

Herr Tcherniakov, kürzlich haben Komponisten, Sänger, Regisseure, Bühnenbildner, Operndirektoren und Dramaturgen in Heidelberg einen ganzen Tag lang über «politisches Musiktheater heute» diskutiert. Können Sie mit diesem Begriff etwas anfangen? Hat er eine Bedeutung für Ihre Arbeit?
(überlegt lange) Es gab vielleicht mal Zeiten, in denen dieser Begriff wichtig war....

Ohne Widerlager

Stanislaw Lem sah die vielen Bearbeitungen seines Sci-Fi-Romans «Solaris» von 1961 mit Skepsis. «Alles Interessante an meinem Roman bezog sich auf das Verhältnis der Menschen zu diesem Ozean als einer nicht-humanoiden Intelligenz – nicht auf irgendwelche zwischenmenschlichen Liebesgeschichten», bemerkte er 2001 zu Steven Soderberghs Verfilmung. Selbst Tarkowskis...