Maskentanz

«El Público» ist das wildeste, rätselhafteste Stück von Federico García Lorca. Mauricio Sotelo (Musik) und Andrés Ibañez (Libretto) haben daraus eine Oper gemacht. Anmerkungen zur Uraufführung am Teatro Real in Madrid

Opernwelt - Logo

Ein «Mozart»-Orchester wünschte sich Mauricio Sotelo für Lorca. Kleiner Streicherkorpus (vier Violinen, drei Bratschen, drei Celli, Kontrabass), charakteristisches Holz (zwei Flöten, drei Klarinetten, Oboe und Fagott). Das Blech (zwei Hörner, zwei Posaunen, Trompete) ist um eine Tuba erweitert. Dazu zwei Harfen, Pianoforte (bzw. Celesta), Pauken. Das ist der «alte» Kern des «El Público»-Ensembles. Aber dann mischen auch noch ein Tenorsaxofon, ein Knopfakkordeon, zwei Schlagwerker mit.

Den Klang der Instrumente spiegelt, weitet, verhüllt, verfremdet Sotelo durch digital erzeugte Sounds, die ein Toningenieur live über 24 Surround-Lautsprecher einspeist. Ihr spezifisches Aroma, ihre unverwechselbare Aura freilich gewinnt die Musik aus einer anderen Quelle: den Rhythmen und Melodien des canto jondo, des andalusischen Flamenco-Gesangs.

Klassik und Moderne, Archaik und Avantgarde, Folklore und Elektronik verschmelzen in
einem schwebenden Resonanzraum, der so ungreifbar, so opak, so geheimnisvoll bleibt wie der dunkel strahlende Text, dem er sich verdankt. Es geht um vieles in «El público», dieser wilden, rohen, surrealen, nie abgeschlossenen Schauspielpartitur, die Lorca kurz vor seinem ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 20
von Albrecht Thiemann

Weitere Beiträge
Träume zu vermieten

Ob das Städtchen wirklich existiert, jener Küstenort, zu dem der Pariser Buchhändler Michel sich aufmacht? Den Bahnhof, auf dem er ankam, gibt’s schließlich bald auch nicht mehr. Michel ruht nicht eher, bis er die junge Frau wiederfindet, die er drei Jahre zuvor hat singen hören: ein Liebeslied, das durch ihr geöffnetes Fenster zu ihm drang. Doch womöglich ist auch...

Jung und alt, eurythmisch vereint

Natürlich muss man im Musiktheater keine Geschichten mehr erzählen. Und natürlich darf ein Regisseur einfach mal seinen musikalischen Vorlieben frönen, statt immer nur Händel, Verdi oder Alban Berg szenisch nachzulaufen. Der in den Niederlanden lebende israelische Theatermacher Sharon Minailo liebt die isländische Pop-Ikone Björk, ihre schräge Garderobe und die...

Bitte nicht so opernhaft!

Der Befund ist kaum neu: So wie das Schauspiel immer weniger seinen Texten vertraut und durch den Griff der Protagonisten nach dem obligatorischen Mikrofon zum Musiktheater wird, so wird in der Oper der Vertrag mit der Partitur brüchiger. Solange aber Uraufführungen als Auftragswerke in den herkömmlichen Opernbauten und unter den üblichen Bedingungen genormter...