Mythos, Mensch, Magie
Zufall und Planungspointe? Die Nornen haben es unter Garantie schon immer gewusst. Auch wenn beide Häuser zunächst andere Regisseure für ihren «Ring des Nibelungen» wollten: Bayreuth Wim Wenders statt Frank Castorf und Genf Christof Loy statt Dieter Dorn. Aus Absagenot geboren ist also diese Situation, die in wagnerlastiger Zeit nun zwei unvereinbare Ansätze gegenüberstellt. Bayreuth bietet schluffig-spektakelnde Volksbühnen-Ästhetik, die Verweigerung zum Prinzip erhebt. Genf geht zurück zu den Wurzeln. Zur Erzählung. Zum Mythos.
Zur Befreiung der Tetralogie von der Ummäntelung mit Thesenpapieren. Was darunter zum Vorschein kommt, ist das Wichtigste: die pure, demaskierte Figur, der Mensch.
Dabei hat es lange gedauert, bis Dieter Dorn und Jürgen Rose endlich ihren «Ring» realisieren konnten. Dresden muss vor Urzeiten im Gespräch gewesen sein, München ward einmal vergeblich als Schauplatz auserkoren (mit Carlos Kleiber am Pult). Jetzt also Genf. Eine Art Wagner-Diaspora, wo kaum einer wie in Wien, München, New York oder Berlin heiß ist auf den «Ring», wo manche Premierengäste der «Götterdämmerung» in den Pausen das Weite suchen. Sie haben viel verpasst.
Wieder haben Dorn und Rose in ...
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Opernwelt Juni 2014
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Markus Thiel
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