La Clemenza d'Angelina
Vorne auf den Sesseln die Kritiker, entstellt von Eitelkeit», notierte Gottfried Benn 1928, und Joachim Kaiser, der dies 1965 in seinem Kleinen Theatertagebuch zitierte, sprach in solchem Zusammenhang von einer déformation professionelle der Rezensenten. Doch tut es gelegentlich gut, der Neigung zum «Sehen-und-Gesehenwerden» zu widerstehen und sich auf den Rang zu begeben – zum Beispiel in der Wiener Staatsoper. Denn das Ohr kann dort Dinge erfahren, derer es im Parkett kaum anhörig wird.
Bei der jüngsten Neuinszenierung der Staatsoper, Rossinis La Cenerentola, sind es Details, die man, den Reaktionen von Besuchern im Parkett nach zu schließen, dort unten nicht wahrgenommen hätte. Manche Zwischentöne – etwa wenn Dirigent Jesús López-Cobos statt aufs Dauer-Allegro auf die der Partitur immanente Melancholie setzt, wenn er die Durchtriebenheit dieser Musik eher mit dem Zeigefinger vor dem Mund vorzuführen sucht. Den kritischen Ton, die Bruchstellen bleibt er uns freilich schuldig. Denn Rossinis Oper hat wenig mit Charles Perraults Märchen, dem Kürbiswagen, der Fee und dem gläsernen Pantoffel zu tun, sondern handelt von sozialer Unterdrückung, mit einem lieto fine freilich, das an ...
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Opernwelt März 2013
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Gerhard Persché
Zur Feier des Britten-Jubiläums haben die beiden wichtigsten englischen Festivals Mitschnitte herausgebracht: Glyndebourne Jonathan Kents Inszenierung von The Turn of the Screw auf DVD, Aldeburgh The Rape of Lucretia unter Oliver Knussen als Doppel-CD.
Die Glyndebourne-Produktion (eine Reprise der Inszenierung von 2005 aus dem Jahr 2011, aber erstmals auf DVD)...
Lange konnte sich der italienische Verleger Giovanni Ricordi nicht am ersten großen Erfolg seines Schützlings Giuseppe Verdi freuen: Nach der französischen Erstaufführung von dessen Nabucco 1845 an der Pariser Oper meldeten sich zwei Autoren, die 1836 ein romantisches Melodram mit dem Titel Nabuchodonosor am Pariser Théâtre de l’Ambigu-Comique herausgebracht...
Die Aufführung begann um fünf nach vier am Nachmittag. Als nach dem ersten Akt der Applaus einsetzte, war es fünfundreißig Minuten nach fünf, ohne dass unsere Uhr ihren Geist aufgegeben hätte. Das ist natürlich keine präzise Zeitmessung, aber doch eine verblüffende Erkenntnis und sehr wahrscheinlich ein Rekord. Schneller ist der Gral noch nie enthüllt worden –...