Bayreuther Stimmen

Zum Tod von Jean Cox und Franz Crass

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Jean Cox erschien auf der Bühne immer jünger, als er war. Als er 1984 in einer «Meistersinger»-Aufführung der Bayreuther Festspiele als Stolzing einsprang, wirkte er frischer und agiler als der um zwei Jahrzehnte jüngere, eigentlich vorgesehene Kollege. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, dass dieser Tenor bald das Rentenalter erreichen würde. Die Stimme klang selbst auf der Festwiese des dritten Akts (und nach der anstrengenden Schusterstube) noch kraftvoll und unverbraucht.

Die Körpersprache stand dieser hellen, expansionsfähigen, aber stets wohldosierten Stimme nicht nach – vielmehr bedingte sich beides. Jean Cox war das, was man eine «Erscheinung» nennt; er konnte die Bühne beherrschen, auch wenn hundert Choristen und ein Dutzend Solisten um ihn herumwuselten. Möglich war das, weil er seine Rollen (insbesondere die Wagner’schen) Phrase für Phrase, Gedanke für Gedanke verinnerlicht hatte und – nicht weniger wichtig – weil er sich Zeit gelassen hatte für seine Entwicklung.

Nach dem Studium in Alabama und Boston kam er mit einem Fulbright-Stipendium nach Italien, lernte beim Lehrer Beniamino Giglis, fand dann erste Engagements in Kiel und Braunschweig, wo 1955 Wolfgang ...

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Opernwelt August 2012
Rubrik: Magazin, Seite 65
von Stephan Mösch

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