Mussorgsky: Boris Godunow
Das letzte Bild ist das berührendste. Allein mit seinem Sohn sitzt Godunow im weißen Nachthemd auf der leeren Bühne. Sein auf der Stufenpyramide abgelegter Goldmantel rahmt die Szene ein wie eine Ikone, sein golden gefärbtes Gesicht ist erstarrt: ein gebrochener Mann. Matti Salminen gestaltet Boris’ finalen Monolog mit existenziellem Ausdruck. Auch in den dramatischsten Passagen wie am Ende des zweiten Akts stehen ihm genügend stimmliche Reserven zur Verfügung, um die seelischen Abgründe packend in Klang zu setzen.
Mit dem Dirigenten Vladimir Fedoseyev liegt man bei Mussorgsky ebenso richtig. Bis auf gelegentliche, dynamisch leicht überdrehte Spitzen erzielt Fedoseyev mit dem Züricher Opernorchester einen gut ausbalancierten, dunkel timbrierten Klang, der von naturalistischer Radikalität bis zur religiösen Verklärung reicht. Der erweiterte Opernchor (Einstudierung: Jürg Hämmerli) weist eine ähnliche Ausdrucksbreite auf, auch der Kinderchor singt bei der Szene mit dem Gottesnarren (eher kläglich als klagend: Boguslaw Bidzinski) souverän und intonationssicher.
Für die Züricher Premiere hat Klaus Michael Grüber seine Brüsseler Inszenierung von 2006 überarbeitet und den ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Frau Ptassek, Sie haben im Dezember 2007 in Mannheim erstmals die Violetta in Verdis «La traviata» gesungen, eine der ganz großen Rollen des romantischen Sopranrepertoires. Wie fühlt man sich bei einem solchen Debüt?
Die Violetta zu singen war immer mein Traum. Nun ist er in Erfüllung gegangen, und ich bin sehr glücklich darüber. Das war ein großer Schritt in...
Zart, delikat, wie aus dem Nichts herbeigezaubert drängt das Vorspiel zum ersten Aufzug in den verschatteten, hermetisch abgeschotteten Raum. Unaufdringlich ziehen Fagotte und Tuben ihre Linien, gleichsam geräuschlos, wie die Ventilatoren, die den Betonbunker Mimes und Siegfrieds belüften. Nicht einmal zum «Hoiho! Hoiho! Hau ein! Hau ein!» des Helden bläst Franz...
Ein Novum: Philharmoniker (West) und Staatskapelle (Ost) spielen zeitgleich unter dem Chef des jeweils anderen Orchesters, sogar die Programme hat man abgestimmt. Der gemeinsame Nenner: Maurice Maeterlincks tristaneske Mär von «Pelléas et Mélisande». Daniel Barenboim dirigiert in der Philharmonie die berühmte Sinfonische Dichtung, die Schönberg, von Richard...