Gesichter des Heiligen
Zu den Grundvoraussetzungen ästhetischer Moderne gehört der Zweifel: an traditionellen Werten, Inhalten, Formen, Techniken, Materialien. Wenn Hegel lakonisch definierte: «Der Weg des Geistes ist der Umweg», dann meinte er genau dies: Direkt lässt sich nun einmal nicht zur Wahrheit – wie auch immer – gelangen. Die Entscheidung für den «Umweg» hat denn auch elementar mit der Scheu vor dem eindeutig Gegebenen zu tun. Zum Beispiel bei Robert Schumann: weitaus riskanter in seinen Strategien, als es das Klischee vom träumerischen Romantiker will.
Selbst er glaubte, sich der Tradition der Sonate nicht kategorisch verweigern zu sollen, doch Typus und Bezeichnung wich der junge Schumann geradezu panisch aus.
Ähnlich erging es nicht wenigen Komponisten mit der Gattungsbezeichnung «Sinfonie» – erst recht mit der «Oper», einer Institution, die in gleich mehrfachem Sinne für Äußerlichkeiten, gesellschaftlichen Pomp, musikalische Inhomogenität, ja Trivialität stand. Nicht zuletzt für die spezifisch deutsche Kunstreligion der «absoluten Musik» war das Musik-Theater ohnehin eine gefährlich schiefe Bahn weg von den wahren Werten. Noch heute kann man musikalisch hoch kompetenten Professionals aus ...
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Opernwelt August 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Gerhard R. Koch
Ganz auf sich zurückgeworfen sind die 16 Nonnen in «Dialogues des Carmélites». In ihrer Lebensweise, in der Entscheidung gegen die (Außen-)Welt, auch in der Wahl des Märtyrertums. Am Tiroler Landestheater wird das erst recht augenfällig, wo die Oper in fast provozierender Kargheit gespielt wird, die Charaktere und Schicksale überdeutlich hervortreten lässt. Fast...
Warum spielen wir uns Komödien und Tragödien vor? Um das Leben besser zu verstehen. Und um es ein wenig erträglicher zu machen. All die Dramen von Lust und Leid, Gewalt und Leidenschaft, Mord und Totschlag, die uns in Atem halten, seit der Mensch die Schöpfung aufmischt. Christoph Nix erzählt diese Geschichte gern. Er hat sie vermutlich schon oft erzählt. Damit man...
Herr Lucic, Inszenierungen des «Macbeth» spielen häufig in einer Ostblock-Diktatur. Sie sind in einer Ostblock-Diktatur groß geworden. Sehen Sie auch diese Parallele?
Ich würde das nicht vergleichen. Für mich ist Macbeth einfach eine verrückte, blutige Figur, die im Grund ganz unsicher ist. Ich sehe ihn auch nicht als zutiefst bösen Menschen. Für mich erklärt sich...
