Zweifelhaftes Heldenleben
Giusto Fer(di)nando Tenducci (ca. 1735–1790) war ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Kastraten ihre Libido und veränderte Körperfettverteilung durch Testosteronsubstitution wieder normalisieren konnten, so dass die zu einem vokalen Wipfel-Dasein Erkorenen sich auch ein bewegtes erotisches Leben nicht versagen mussten. Zumal das Messerchen ja «bloß» die Hoden entfernte und nicht wie bei Eunuchen quasi bis ins letzte Glied wirkte; daher brauchte niemand um eventuelle Folgen einer körperlichen Beziehung besorgt zu sein.
Doch war hinsichtlich Tenduccis Sexleben über allen Wipfeln eher Unruh, nützte er doch diesen Sicherheitsfaktor schamlos aus; beispielsweise verdankte er seinen Ruhm in London nicht allein seinem Gesang, sondern zudem einer skandalösen Affäre mit Elizabeth Lyttelton, einer seiner aristokratischen Verehrerinnen.
Auf jeden Fall verbrachte der aus Siena gebürtige Soprankastrat den überwiegenden Teil seiner Karriere auf angelsächsischem Boden, in London und Dublin. Letzterer Tatsache widmet sich nun die irische Mezzosopranistin Tara Erraught. Der Titel ihres Recitals «The Trials of Tenducci» spielt in doppelter Spur sowohl auf die künstlerischen Herausforderungen des ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Juli 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 32
von Gerhard Persché
Ein Stimmwechsel sei auch bei einer Frau möglich, kalauerte einmal der österreichische Kabarettist Maxi Böhm – wenn sie nämlich dem Tenor den Laufpass gebe und sich dem Bariton zuwende ... Auf der Bühne läuft es indes meist umgekehrt; da fliegen die Herzen den Tenören zu, während die Baritone der Handlung das Gift von Eifersucht und Mordlust einträufeln. So richtig...
«Wien, Wien, nur du allein sollst stets die Stadt meiner Träume sein.» So jauchzend umschwurbelte einst Peter Alexander sein überirdisch fesches Paradies ewigen Frühlings- wie auch Liebesglücks – und der Himmel voller Geigen! Aber Wien wäre nicht Wien, hielte der obligate «Schmäh» im Song nicht auch die zynische Gegenwelt parat: «Vienna, Vienna, nur du allein,...
Der «Montag» in Karlheinz Stockhausens siebentägiger Mythenphantasmagorie «Licht» beginnt unter Wasser: Im Foyer des Aufführungsorts werden die Hörer in grünes Licht getaucht, während endlos gedehnte Bassetthornklänge und Wassergeräusche auf sie eindringen. «Grünliche Dämmerung» schreibt auch Richard Wagner für den Unterwasserbeginn seines ebenfalls mythomanen,...