Wo liegt Krähwinkel?
August von Kotzebue siedelt in seiner Politsatire «Die deutschen Kleinstädter» (1803) das deutsche Spießbürgertum in «Krähwinkel» an. Wer keinen Titel hat, gilt hier nichts. Pavel Eisner hat nach diesem Stoff dem sudetendeutschen Komponisten Theodor Veidl (1885 geboren in Westböhmen, bei Kriegsende als Deutscher interniert und 1946 im KZ Theresienstadt umgekommen) ein Libretto geschrieben, das Raum für reiche musikalische Gestaltung gibt: ins Parlando eingestreute ariose Passagen, geschlossene Nummern und Ensembles. Widmar Hader und Andreas Willscher instrumentierten das Werk neu.
Die Partitur der 1935 in Prag unter George Szell uraufgeführten Komischen Oper stellt an das Orchester ebenso hohe Ansprüche wie an die Solisten. Unter diesen ragt des Bürgermeisters Töchterchen Sabine mit halsbrecherischen Koloraturen heraus, die Ilonka Vöckel wie Zerbinetta und Fiakermilli in Personalunion meisterte. Das Philharmonische Orchester unter der inspirierenden Leitung von GMD Raoul Grüneis agierte in bester Spiellaune.
Sabine, um die sich der poetisierende Sperling (Brent L. Damkier mit tenoralem Schmelz) bemüht, hat sich in der Residenzstadt in den titellosen Olmers (Jin-Ho Yoo mit kernigem ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Die europäische Aristokratie war die Geburtshelferin der Oper. Ohne Fürsten und Könige, die Operntheater errichteten und Aufführungen finanzierten, hätte die Gattung wohl kaum jenen Aufschwung genommen, der ihr im 17. und 18. Jahrhundert zuteil wurde. Jeder Fürst, der etwas auf sich hielt, hatte sein eigenes Theater, in dem natürlich auch Oper gespielt wurde. Dass...
Mit seinen Opern verfuhr Georg Friedrich Händel pragmatisch: Wenn für eine Wiederaufnahme die Sängerbesetzung gewechselt hatte, zögerte er nicht, das ganze Werk auf deren Stärken und Schwächen hin neu zuzuschneiden. Zwölf neue Arien schrieb er, als seine erste Londoner Seria «Radamisto» Ende Dezember 1720, nur ein halbes Jahr nach der umjubelten Premiere, wieder...
Wer sich an «La clemenza di Tito» wagt, Mozarts zeitgleich mit der «Zauberflöte» entstandenes «Dramma serio per musica», hat es doppelt schwer. Was tun mit einer Musik, die nur in Teilen (Arien und Accompagnati) von Mozart selbst stammt und die sich, weil seine blaublütigen Auftraggeber es aus Anlass der Krönung des österreichischen Kaisers Leopold II. zum...