Wie ein Blitz
Inszeniert in Russland ein Schauspielregisseur eine Oper, geht das meist daneben. Würde der vielgerühmte Konstantin Bogomolov hier eine Ausnahme bilden? Bogomolov ist in den letzten sechs, sieben Jahren zu Moskaus Kultregisseur aufgestiegen, seine provokanten, sozialkritischen Arbeiten am Künstler-Theater begeistern ein breites Publikum. Für Anton Getman, den neuen Intendanten des Stanislawski-Theaters, Grund genug, ihn an sein Haus zu bitten – für Händels «Il trionfo del Tempo e del Disinganno».
Bogomolov entschloss sich, das Oratorium in zwei Teile zu zerlegen.
Im ersten stürzen entsetzliche Bilder aus dem russischen Alltag auf den Zuschauer ein: die Ermordung eines Mädchens durch den besessenen Kannibalen Tschikatilo, Anfälle kranker Kinder, eine grausame Adoptivmutter, das leidenschaftliche Gebet eines frisch rekrutierten muslimischen Selbstmordattentäters vor der Explosion. All das ist kaleidoskopartig dargestellt, wobei die Aufeinanderfolge der Episoden von der inneren Logik der Assoziationen diktiert wird.
Die Übertitel geben eine geschönte Übersetzung des Librettos (der Verfasser: Wladimir Sorokin) wieder, während Bildschirmtexte an den Seiten das Geschehen detailliert ...
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