Well made play

Strauss: Der Rosenkavalier an der Irish National Opera Dublin

Der kleine Amor hat spürbar Lust auf diesen Abend. Zu den ersten Takten des Vorspiels klettert er aus den Tiefen des Bühnenbodens herauf, richtet die Kissen und zieht beim übergroßen Himmelbett die Gardinen zu für das, was wir im Orchestergraben ohnehin schon deutlich hören: den Liebesrausch zwischen der Marschallin und ihrer jugendlichen Amour fou Octavian.

Nicht nur das Bett ist einladend ausladend, auch der Stuck an Decke und Wänden, die Kronleuchter sind es – Regisseur Bruno Ravella und sein Bühnenbildner Gary McCann haben für diese Koproduktion mit der Garsington Opera und der Opera Santa Fé ganz auf riesigen Rokoko-Zuckerdekor gesetzt. Das Personal in diesem Interieur erinnert an die Commedia dell’arte. Sophie etwa kommt als Lolita in knallrotem Kleidchen daher, der verkleidete Octavian im Dirndl, die Marschallin in höfischer Prunkmode, und der Baron Ochs erscheint auf der Bildfläche im schlechtsitzenden Frack, mit falschen Socken und rotem Klamaukbart. 

Zum Leben erwacht dieser «Rosenkavalier» durch die Sängerinnen und Sänger: Paula Murrihy kehrt mit einer ihrer Paraderollen in die Heimat zurück und legt den Octavian empathisch-melancholisch an. Mit nie versiegendem ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2023
Rubrik: Panorama, Seite 51
von Stephan Knies

Weitere Beiträge
Mit Fleiß und Akribie

Selbstlob stinke nur dem Neider, soll Goethe gesagt haben. So nimmt man denn mit Schmunzeln zur Kenntnis, dass Claudia Behn Rezensionen zu ihrer Biografie über die Koloratursopranistin Rita Streich (1920–1987) gleich selbst verfasste: Dies wäre «ein wunderbares, interessantes und flüssig lesbares Buch, das sich auch als Weihnachtsgeschenk für Opernliebhaberinnen...

Russlands Seele

Der Feind kann Russland nicht brechen», dröhnt es einem auf der Zielgerade entgegen, normalerweise jedenfalls. Und: «Wir schmettern den Feind in den Staub.» Selbst ohne tägliche «Tagesschau»-Dosis sind diese letzten Minuten schwer erträglich, Sergej Prokofjew lässt hier Chor und Orchester heiß- und leerlaufen. An der Bayerischen Staatsoper dröhnt die Stelle auch,...

Postapokalyptisch

Mit seiner Inszenierung von Wagners «Parsifal» – einer der tiefsinnigsten und bildmächtigsten Regiearbeiten während der Intendanz von Peter Gelb – feierte François Girard 2013 einen Triumph an der Met. Enttäuschend fiel dagegen sieben Jahre später seine Lesart des «Fliegenden Holländers» aus, mit einer ineffektiven Personenführung und überflüssigen Videoeffekten....