Welch ein seltsam Wunder!
Auf der extrem langgezogenen Bühne des Salzburger Festspielhauses sind allerlei Geländer montiert; zur Rechten ein wenig in modernem (oder doch georgsbekreuzten?) Rot-Weiß wegironisiert. Andere dieser Vorrichtungen, über die anfangs auch mehrheitlich hinweggestiegen werden muss, grenzen eine nachempfundene Bootseinfahrtsmöglichkeit ab. Ein bewegliches Bühnenmodul (das Schiff) kommt mächtig von links. Offenbar der Hafen von Antwerpen. Weiter oben und zur Linken markieren die Gatter beispielsweise Aussichtspunkte.
Alles farblich recht kühl, eher weniger sagenumwoben (dafür im zweiten und dritten Aufzug immer ominöser von Kunstnebel umwölkt. Die «Krise einer Institution» wird nicht zum ersten Mal durch Bühnendunst-Crescendi bebildert).
Noch während des Vorspiels, das seine Kraft aus der Quelle der charismatischen Grundtonart-Ausweichung von A-Dur zur Parallele fis-Moll schöpft, stellt das Regieteam aus Jossi Wieler, Anna Viebrock und Sergio Morabito die zwei weiblichen Hauptfiguren Elsa von Brabant und Ortrud auf die Bühne. Von irgendetwas amüsiert, lugt Elsa hoch zur Burg. Dann treibt es sie an den rechten Bühnenrand. Hier fischt sie offenbar den Skalp ihres vermeintlich toten ...
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Opernwelt 6 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Arno Lücker und Gerhard R. Koch
Ist so etwas denkbar? Ein Komponist, der von sich selbst sagt, auf ihn treffe diese Bezeichnung gar nicht zu? Federico Mompou, glamouröser Außenseiter und Schöpfer etlicher irrlichternd-poetischer Klavierstücke, vertrat diese Ansicht, und das mit vollem Ernst: «Ich habe immer dagegen protestiert, wenn man mich einen Komponisten genannt hat – ich bin kein Komponist...
Alle reden vom Krieg – in der Oper meist nur im Foyer oder bei Benefizaktionen für die Ukraine. Wenn sich aber ein Stück so weit aufs historisch-psychologische Terrain des bewaffneten Konflikts und des königstreuen Patriotismus vorwagt wie Giacomo Meyerbeers «Ein Feldlager in Schlesien» (Untertitel: «Singspiel in drei Akten in Lebensbildern aus der Zeit Friedrichs...
Sie waren wohl das, was man ein Traumpaar nennt: der Regisseur Luc Bondy und der Komponist Philippe Boesmans. Vier Arbeiten realisierten die beiden fantasiebegabten Naturen, drei davon am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, wo Boesmans seit Mitte der 1980er-Jahre als Hauskomponist wirkte; er schrieb die Musik, Bondy verfasste das Libretto, führte Regie. Und...