Vergangenheit, die nicht vergehen darf

Mieczysław Weinbergs Oper «Die Passagierin» erobert sich einen festen Platz im Repertoire. Wenn, wie nun in Braunschweig, jeder Betroffenheitskitsch vermieden wird, offenbart das 50 Jahre alte Werk höchste zeitlose Relevanz

Es sei barbarisch, nach Auschwitz noch Gedichte zu schreiben, dozierte einst Theodor W. Adorno. Westdeutsche Intellektuelle haben diesen Satz jahrzehntelang nachgeplappert. Glücklicherweise hielten sich Rose Ausländer, Paul Celan und Nelly Sachs nicht daran. Romanciers und Regisseure sind hingegen meist kläglich gescheitert, wenn sie sich dem Holocaust zuwandten; ihre Versuche endeten irgendwo zwischen Dämonisierung und Sentimentalisierung oder schlichtweg im kunstlosen Niemandsland der Pädagogik.

Kann Musik das Grauen in Töne bannen? Arnold Schönbergs «Ein Überlebender aus Warschau» dokumentiert durch banalen, unfreiwillig parodistischen Naturalismus nur Hilflosigkeit gegenüber einem unmöglichen Sujet, während es Dmitri Schostakowitsch in seiner 13. Sinfonie gelingt, den Massenmord in der ukrainischen Schlucht Babi Jar mittels einer quasi-religiösen Beschwörung zu vergegenwärtigen. Auch die Opernbühne setzte sich, wie es so unschön heißt, mit dem Stoff auseinander, wobei Sven-Erkki Tüürs «Wallenberg» (2001) einen repertoirefähigen Höhepunkt und Nicholas Maws «Sophie’s Choice» (2002) den peinlichen Tiefpunkt markiert. Der jüngste Versuch, Arturs Maskats’ «Valentina» (2014), war wie ...

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Opernwelt Juni 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Volker Tarnow

Vergriffen
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Passion der Klarheit

Ein Rest von Geheimnis muss bleiben. Fragen irren auch am dunkelhellen Ende mit dem seltsamen Sieg der Ariane über den Frauenpeiniger Blaubart weiter unbeantwortet in diesem märchenverschwommenen Raum umher. Wäre es anders, stammte die Textvorlage nicht von Maurice Maeterlinck – und die Musik nicht von Paul Dukas. Die Brille des nach psychologischer Plausibilität...

Frische, die man hören kann

Das gibt es nicht einmal in der Hauptstadt: Die Berliner Philharmoniker an drei aufeinanderfolgenden Tagen mit drei Weltklasse-Dirigenten und drei verschiedenen Programmen. Insofern erst mal: Chapeau! Baden-Baden veranstaltete 2019 Osterfestpiele, die über den drögen Repräsentationszirkus, der gleichzeitig in Salzburg stattfand, weit hinausreichten. Dass die...

TV-Klassiktipps Juni 2019

alpha

23.06. – 20.15 Uhr
Offenbach: «Les contes d’Hoffmann»

Bayerische Staatsoper (2014)
ML: Carydis, I: Jones, S: Damrau, Villazón, Conners, Relyea, Brower, von der Damerau, Reß, Power, Stephinger

arte

02.06. – 17.40 Uhr
Werke von Monteverdi, Malvezzi, Gagliano, Caccini

Aus dem Spiegelsaal von Schloss Versailles
ML: Pichon, S: Desandre, Zaïcik, Richardot, Gonzalez...