Kunstvoll
Zwei Jahre, 1960 und 1943, zwei Welten: Ozeandampfer und Konzentrationslager. Was unvereinbar scheint, verwebt Mieczysław Weinberg in seiner Oper «Die Passagierin»: Die ehemalige SS-Aufseherin Lisa reist mit ihrem Ehemann Walter nach Südamerika, wo er eine Diplomaten-Stelle antreten soll. Sie traut ihren Augen nicht. Ist die Passagierin dort wirklich Martha? Für die Ermordung der KZ-Insassin hatte sie doch gesorgt. Die Vergangenheit holt Lisa ein.
In Gera hatte das 1968 komponierte Werk nun Premiere; es ist die vierte Inszenierung hierzulande.
Passend dazu ist Theater & Philharmonie Thüringen kürzlich für ihr besonderes Programm von den deutschen Theaterverlagen ausgezeichnet worden. Regisseur Kay Kuntze und sein Bühnenbildner Martin Fischer erschaffen die beiden Welten mit einer doppelten Drehbühne. Die Schiff-szenen finden an der Reling vor einer grellweißen Wand statt. Dreht sich diese, verliert sich die Helligkeit in schauderhaftem Zwielicht. Ein krasser Bruch: weiße Anzüge, Hochsteckfrisuren und Heiterkeit hier, dreckige Lumpen, kahlgeschorene Köpfe und größtes Leid dort. Durch Geländer und Reling verbinden sich die Paradoxe; Lisa, Gattin und machtbewusste Aufseherin, ist ...
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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Nora Sophie Kienast
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Einen Filmregisseur für eine Inszenierung von «La fanciulla del West» einzuladen, ist naheliegend, enthält Giacomo Puccinis Oper aus dem Jahr 1910 doch alle Topoi des zeitgleich entstehenden Filmwestern. Dabei bedient Andreas Dresen diese Topoi an der Bayerischen Staatsoper keineswegs. Keinen Saloon hat ihm der Bühnenbildner Mathias Fischer-Dieskau gebaut, sondern...
Ein Schrei aus dem Dunkel. Grässlich, schrill und outriert. Man wartet aufs «Triff noch einmal» Elektras, doch dies hier ist nicht Strauss’ Atridenoper, sondern Manfred Trojahns Weiterdenken, es ist «Orest». Und Klytämnestras Todesschrei zu Beginn stellt nach Aussage des Komponisten eine artifiziell formulierte Erinnerung an Strauss dar.
Mittlerweile wird Orest...