Vom Eise bezaubert
Mit Oper kann er eigentlich nicht viel anfangen. Weite Bögen, scharfe Kontraste, markante Figuren, dramatische Spannung – all das, was lebendiges Musiktheater braucht, um Funken zu schlagen, ist Hans Abrahamsen letztlich fremd. Einem Komponisten, dessen Denken aus der Stille kommt, der feingliedrige Gespinste austüftelt, die nicht selten auf mathematischen Beziehungen beruhen. Die große Geste, das wuchtige Espressivo waren noch nie seine Sache.
Dass der scheue, heute mit renommierten Preisen und Aufträgen überschüttete Einzelgänger aus Dänemark zehn Jahre lang kein einziges eigenes Stück hervorbrachte – er selbst bezeichnet diese Zeit des Innehaltens als «Fermate» –, hängt mit seiner skrupulös betriebenen Suche nach dem Inneren des Klangs zusammen. Konstruktion, Form, Ausdruck – sie bleiben bei ihm Stützwerk für monadenhaft fluktuierende, unentwegt mutierende Klangzellen.
Umso vitaler war die Neugier, als im Oktober vergangenen Jahres in Kopenhagen Abrahamsens erstes Bühnenwerk herauskam: «Snedronningen», eine Adaption des äußerst populären, vielfach verfilmten und dramatisierten Kunstmärchens seines Landsmannes Hans Christian Andersen (siehe OW 12/2019). Doch am Ende dieser ...
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Opernwelt Februar 2020
Rubrik: Im Focus, Seite 18
von Albrecht Thiemann
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