Verwaltet, verfälscht, vereinnahmt

Chamberlain, Wolzogen und die «Bayreuther Blätter»: Udo Bermbachs große Studie über die politische Wirkungsgeschichte Richards Wagners in Deutschland

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Karl Marx war kein Marxist und Richard Wagner kein Wagnerianer. Beiden ist noch zu Lebzeiten und erst recht nach ihrem Tod das widerfahren, was revolutionären Neuerern stets widerfährt: Aus ihrem Denken wurde ein System, aus ihrer Weltanschauung ein Glauben gezimmert. Wagner hat es geahnt. Jedenfalls überliefert Cosima in ihren Tagebüchern eine vier Wochen vor dem Tod gefallene Äußerung: «Man wirft so einen Gedanken hin…die machen daraus eine unveräußerliche, feste Sache, nun haben wir’s».

Für den Hamburger Politologen Udo Bermbach ist dies das Motto, unter das er seine große Untersuchung zur Rezeption und Wirkungsgeschichte Wagners in Deutschland stellt.

Für diese Aufgabe ist Bermbach als politischer Ideenhistoriker und gründlicher Kenner von Wagners Werk bestens gerüstet. Was er hier auf 500 Seiten zusammenträgt, ist ein in seiner Faktenfülle erschlagendes, in seinen Perspektiven ernüchterndes, in seinen Konsequenzen unhintergehbares Panorama von Wagners politisch-ästhetischem Denken, wie es die Erbeverwalter des Bayreuther Kreises um Houston Stewart Chamberlain und Hans von Wolzogen, dem Herausgeber der von 1878 bis 1938 erschienenen «Bayreuther Blätter», umgebogen, verfälscht ...

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Opernwelt Juli 2011
Rubrik: Medien/Buch, Seite 34
von Uwe Schweikert

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