Verrückte Hühner
Der Text war brisant. Und kursierte deswegen anfangs in der Deutschen Demokratischen Republik nur «unter der Hand». Letztlich aber konnte (und wollte) auch sein Autor nicht verhindern, dass er in die breite Öffentlichkeit drang und dort, was Wunder, heiß diskutiert wurde. Nichts Geringeres nämlich hatte der umstrittene Dramatiker Peter Hacks versucht, als – in feingewobener Dialektik – ein ästhetisches Programm der «sozialistischen Klassik» zu formulieren.
«Versuch über das Theaterstück von morgen» lautete der Titel seines 1965 (zunächst auf Tschechisch) erschienenen Essays, in dem Hacks der rein revolutionären Kunst eine Absage erteilte, weil sie den vollständigen Bruch mit dem bürgerlichen Theater bedeutete. Sein Ideal, welches er in zahlreichen seiner Stücke ja auch eingelöst hatte (und weiter einlösen würde), war eine Art integratives Modell, das souverän genug schien, um die herausragenden Kunstleistungen der vergangenen Epochen inklusive des darin ausgebildeten Formbewusstseins in sich aufzunehmen.
«Der Schuhu und die fliegende Prinzessin» entsprach diesem Ideal. Ein (frei erfundenes) Prosamärchen, 1964 in der Literaturzeitschrift «SINN UND FORM» publiziert, ein ...
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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Magazin, Seite 80
von Jürgen Otten
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