Verführerisch

Szymanowski: Król Roger am Theater Dessau

Opernwelt - Logo

Das Christentum und seine Sexualmoral – es ist ein langes, leidiges Kapitel in der Geschichte mit vielen unguten Nebenerscheinungen. Daran hat sich, insbesondere was die katholische Lehre angeht, bis heute kaum etwas geändert – lediglich der Machteinfluss, um vorehelichen Sex zu verbieten oder gleichgeschlechtliche Beziehungen zu strafen, ist verschwunden. Dabei war es Freud, der die menschliche Sexualität als Naturkraft entdeckte und damit aus dem Würgegriff der Religion befreite. Die 1920er-Jahre sorgten dafür, dass bisher gültige Geschlechterrollen gehörig ins Rutschen gerieten.

In diese Zeit hinein schrieb Karol Szymanowski seinen «Król Roger». Und so, wie das 1926 in Warschau uraufgeführte Werk derzeit am Anhaltischen Theater Dessau zu erleben ist (in einer Inszenierung des Dessauer Ballettdirektors Stefano Giannetti), stellt sich berechtigterweise die Frage, warum es auf Bühnen außerhalb Polens weiterhin in der Rubrik «Raritäten» geführt wird. In drei Akten entspinnt sich die Geschichte des Mittel -alter-Königs Roger, als Drama des Machtverlusts und innere Reise der Selbsterkundung gleichermaßen.

Roger herrscht auf Sizilien über ein Staatskirchentum, das derart in seinen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2024
Rubrik: Panorama, Seite 51
von Werner Kopfmüller

Weitere Beiträge
Ganz ordentlich

Meiningens Intendant Jens Neundorff von Enzberg liebt es, tief und ausführlich in die Geschichte zu schauen und dann Ungewöhnliches ans Licht zu befördern. In den letzten Jahren holte er etwa «Santa Chiara» aus der Versenkung, eine Oper des kunstsinnigen Herzogs Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha, der das Theater einst zum weit über Landes- und Standesgrenzen...

Erkenntnislos

Eine geschmackssichere, aber etwas statische, Deutungen lediglich vage zur Diskussion stellende «Elektra» zeigt Intendant Karsten Wiegand am Staatstheater Darmstadt. Ein merkwürdiger Fall, der dokumentiert, dass mit Ruhe und Schönheit nicht alle Inszenierungsfragen zu lösen sind, jedenfalls nicht mit Blick auf ein rabiates Werk wie das von Richard Strauss und Hugo...

Auf der Höhe seiner Zeit

Turandot war sein Schicksal. Nicht aber die eisgekühlte Prinzessin dieses Namens, sondern Giacomo Puccinis unvollendete Oper. Mit ihrer Vervollständigung wurde Franco Alfano nach dem Tod des Komponistenkol -legen 1924 beauftragt, allein, großes Glück war ihm nicht beschieden. Seine erste Version (nach Skizzen Puccinis) fegte der Uraufführungsdirigent Arturo...