Unwiderstehlich

Cavalli: Giasone Sydney / Pinchgut Opera

Auf der Suche nach einem Ehemann gönnen sich die Mädchen von heute vorher einen Probelauf», bemerkt Delfa. «Bezaubernd ökonomisch ist das, und ausgebufft...» Dass die Delfa in der «Giasone»-Produktion der australischen Pinchgut Opera eine nicht mehr ganz taufrische Drag Queen ist, sorgte bei einigen Zuschauern für Unmut.  

Das war auch schon bei den selbsternannten «Arkadiern» im Rom des 18. Jahrhunderts so. Als Francesco Cavalli die Oper 1648 schrieb, hatte er ein populäres Werk im Sinn, mit dem er beim gemeinen Volk ebenso landen wollte wie bei Kunstkennern.

Genau das gelang ihm auch: «Giasone» avancierte zur meistgespielten Oper des 17. Jahrhunderts – um freilich danach zur Zielscheibe (neo)konservativer Backlashs zu werden. Es handelt sich um einen aktionsgeladenen, schlüpfrigen Schmachtfetzen, zotig und derb und selbst in den tragischen Szenen stets haarscharf an der Grenze zur Posse angesiedelt. Fast könnte man meinen, Giacinto Andrea Cicognini hätte sein Libretto erst gestern verfasst, so skurril und rasant kommen die Dialoge daher. Auch Cavallis bitter-süße Musik mutet unwiderstehlich heutig an, insbesondere in der packenden Darbietung des Pinchgut-Orchesters.

Die kleine ...

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Opernwelt Februar 2014
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Shirley Apthorp

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