Unter dem Vulkan
Wenige Regisseure haben Wagners Tetralogie gleich zweimal inszeniert. Götz Friedrich beispielsweise legte einen «Ring» für Covent Garden und einen weiteren für die Deutsche Oper Berlin vor. Am Royal Opera House startete nun mit dem «Rheingold» die neue Lesart von Barrie Kosky, der den «Ring» ab 2009 schon in Hannover inszenierung hatte.
Noch vor Beginn des Es-Dur-Vorspiels schlurft eine spindeldürre Greisin auf die Bühne.
Mit kleinen Schritten bewegt sich diese Frau, die Wotan später mütterlich umarmen wird, hin zu einem Punkt, an dem ein kleines, drehbares Modul eingelassen ist, wo wir bereits zu diesem Zeitpunkt die Urmutter Erda sehen, deren Stimme (Wiebke Lehmkuhl) später berührend und sehr nachdenklich von der Bühnenseite hineinklingt. Bevor die stumm-greise Erda ihre Position auf der Drehscheibe einnimmt, von der aus sie gedanklich in den «Ring» hineinmanövriert wird, schlägt sie ihre Hände erst auf, so als wolle sie in einem Märchenbuch lesen, und dann vors Gesicht. Denn diese Geschichte ist zwar grotesk und märchenhaft, aber auch voller Gewalt.
Rhein-Wasser sieht man im Folgenden nicht. Dafür aber eine riesige, mit vielen Löchern versehene (offenbar am Ende einer gedachten ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt November 2023
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Arno Lücker
Eine Sprossenwand gibt es, ein paar Turnmatten, Ringe und einen Boxsack. Doch ins Schwitzen gerät nur die stumme Statisterie mit gut definierten Astralkörpern und knappsitzenden Trainingshosen. Die eigentlichen Protagonisten tragen gern helle Sommeranzüge. Pro forma riskiert man ein paar Übungen in der Gymnastikhalle. Das passt zum Stücktitel, der mit «L’Olimpiade»...
Es nützt nichts, wir müssen über den Fall Kent Nagano sprechen. Der US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln hat hauptsächlich im Europa eine respektvoll aufgenommene Karriere absolviert, deren Rang und Prominenz gemessen an der künstle -rischen Ausbeute doch einige Rätsel aufgibt. Die Premiere von Modest Mussorgskys «Boris Godunow» an der Hamburgischen Staatsoper in...
Im Oktober 1904 unterzeichnete General Lothar von Trotha in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika einen Vernichtungsbefehl gegen das Volk der Herero. Er ließ sie in die Wüste treiben, wo viele verdursteten. Wer in die alte Heimat zurückkehrte, wurde von den kaiserlichen Truppen erschossen oder in Konzentrationslagern interniert. Mehr als 100 Jahre später leben im...