Unerlaubtes Begehren
«O douce étoile», seufzt Wolfram, während über der Schneelandschaft Sterne flirren. Und die Hauptfigur heißt nicht Heinrich, sondern Henri. «Tannhäuser» auf Französisch? Wagner hatte seine Oper ja selbst für die Pariser Opéra vorbereitet, in einer Übersetzung von Charles Nuitter. Diese Fassung von 1861 gibt es jetzt an der Côte d’Azur zu hören. Im prunkvollen Casino von Monte-Carlo, wo man nahtlos vom Roulette-Tisch ins Opernhaus wechseln, Laster gegen Erhabenes tauschen kann, zeigt sich: In den instrumentalen Rausch fügt sich die weiche Sprache ohne Kanten bestens ein.
Während im Hafen die Millionärs-Yachten schunkeln, schmaucht Henri auf der Bühne Opium. Über einem leicht ansteigenden Halbrund bäumt sich eine Kuppel, die mit Videos bespielt wird. Die bunten Rauchschwaden und belaubten Zweige spiegeln sich im glatten Boden, während Venus und ihre Doubletten – rothaarige Luxus-Escorts in Seidenbademänteln – um Tannhäuser herumstreichen. Später, zum Auftritt des Hirten, reißt die Wolkendecke auf. Die fließenden Visionen verbinden sich wirkungsvoll mit der Musik, doch akustisch ist die Kuppel nicht unproblematisch, weil sie den Schall ungleichmäßig in den Saal zurückwirft. Bewegt sich ...
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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 50
von Wiebke Roloff
Warum William Shakespeares «Wintermärchen» als Problemstück gilt, liegt auf der Hand: Es enthält Stoff für mindestens zwei Dramen. Das Erste geht so: Leontes, König von Sizilien, wirft in einem Anfall unbegründeter Eifersucht seine hochschwangere Frau Hermione ins Gefängnis, ihr Neugeborenes lässt er beiseiteschaffen. Zu spät bestätigt das Orakel von Delphi die...
Valery Gergiev und «Salome», das ist eine lange Geschichte. Die neue Produktion am Mariinsky Theater markiert seine dritte Auseinandersetzung mit dem Stück. Vor mehr als zwei Dekaden hatte er es sich zum ersten Mal vorgenommen, zuletzt stand es vor dreizehn Jahren auf dem Spielplan. Nun hat er sich mit Marat Gatsalov einen prominenten Schauspielregisseur ins Haus...
Die Ankündigung der Deutschen Oper Berlin, ein Stück des weithin unbekannten Komponisten Andrea Lorenzo Scartazzini uraufführen zu wollen, weckte reichlich Verwunderung. Der Schweizer hatte zwar in Basel und Frankfurt mit einer Oper nach E. T. A. Hoffmanns «Sandmann» (siehe OW 12/2012) und in Erfurt, später in Bern mit seinem Bühnenerstling «Wut» auf sich...