«Theater hat immer mit der Welt zu tun»

Ihre Inszenierungen gleichen meist Denksportaufgaben. Weil sie das jeweilige Werk radikal nach seiner Essenz befragen, nach seinem tieferen Sinn, nach seiner Bedeutung für das Hier und Jetzt. Damit zählt Eva-Maria Höckmayr zur ersten Riege der Regisseurinnen – was sie nicht davon abhält, den Betrieb kritisch zu sehen. Ein Gespräch über Macht, Freiräume, Dekonstruktion und das enorme Privileg, diesen Beruf ausüben zu dürfen

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Frau Höckmayr, fangen wir mit einem ganz einfachen Thema an – mit der Macht. Was fällt Ihnen zu diesem Topos ein?
Macht ist davon abhängig, wie sie benutzt wird. Sie kann beschneiden, sie kann ermöglichen. Und: Wir müssen sehr präzise sein, bevor wir schimpfen. In der Politik, wie im Opernbetrieb, sind die Details zu komplex, um zu verallgemeinern. Mein Blick auf die Macht hat sich mit der Zeit verändert. Eine machtvolle Position ist ein Amt und vorübergehend, und es ist sehr wichtig, dass sich der Machtinhaber darüber bewusst ist.

Wie definiert sich die Macht eines Intendanten? Definiert sie sich durch die vorgefundenen hierarchischen Strukturen? Durch Verträge? Durch persönliche Autorität? Zuweilen gewinnt man ja auch heute noch den Eindruck, dass sich Intendanten in dieser nach wie vor patriarchal organisierten Opernwelt wie die letzten Menschen (daneben)benehmen dürfen, einfach deswegen, weil ihnen die Struktur die Möglichkeit dazu in die Hände gibt …
Oper entspringt einer feudalistisch-aristokratischen Tradition, ja, das ist manchmal noch immer spürbar. Dieser Anteil unseres Systems weist aber inzwischen starke Risse auf, quasi wie ein Porzellankörper, durch den sich fast ...

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Opernwelt Mai 2024
Rubrik: Interview, Seite 36
von Jürgen Otten

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