Tanzend ins Nichts
Ein Adliger schwängert ein Bauernmädchen und lässt es dann sitzen. Drei Akte lang hofft die Verlassene auf seine Rückkehr, doch als sie Zeugin seiner Hochzeit mit einer standesgemäßen Braut wird, stürzt sie sich von einem Felsen. Gerade erst hat Regisseur Michael Sturm Stanislaw Moniuszkos 1858 uraufgeführte «Halka» am Pfalztheater Kaiserlautern vorsichtig verfremdet (siehe OW 7/2015). Am Teatr Wielki in Poznan beruft sich Regisseur Pawel Passini ebenfalls auf einen dritten Weg zwischen brachialem Regietheater und konservativem Konzert im Kostüm: die Poetisierung.
Für seine Inszenierung der polnischen Nationaloper lässt er die Choristen von seiner Ausstatterin Zuzanna Srebrna in Fräcke stecken – im Antagonismus von die und wir stellen sie die gefühlskalten Wohlstandbürger dar. Halka und ihre Leute dagegen sind Waldwesen, tragen Hörner oder gar Tierköpfe. Ihre Sphäre ist die Bühne, die Zauberwelt des Guckkastens, und wann immer sie auftreten, ist die Szene in diffuses Licht getaucht. Den Schwalbenschwanzträgern wiederum gehört der Saal, im Parkett und auf den Rängen feiern sie Janusz und seine hochwohlgeborene Zukünftige.
Mit zögernden Schritten wird der Edelmann später die Brücke ...
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Opernwelt August 2015
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Frederik Hanssen
Musikalisch wird das Rad nicht neu erfunden in dieser «Zauberflöte» aus Amsterdam. Auch wenn sich Marc Albrechts weiche, fedrig-elegante Lesart mit dem Nederlands Kamerorkest sehr wohl hören lassen kann. Ebenso wie die Sänger: Maximilian Schmitt als Tamino und Christina Landshamer als Pamina zum Beispiel. Besonders Thomas Oliemans’ Papageno nimmt für sich ein, der...
Vor genau 2000 Jahren überquerte der römische Feldherr Germanicus mit vier Legionen den Rhein, um im Kampf gegen die von Arminius geführten Germanen die Katastrophe der Varusschlacht auszubügeln – für das nahe dem Schlachtort gelegene Theater Osnabrück der Anlass, Georg Philipp Telemanns Oper «Germanicus» auf den Spielplan zu setzen. Das Stück des als...
Gespenstisch ist das. Weniger der Holländer selbst – eher, was sich in Balázs Kovaliks vieldeutig ironischer Inszenierung von Wagners Oper im Budapester Palast der Künste in den Chorszenen tut. In Reih und Glied, im Gleichschritt marsch, die Augen rechts, manche Gesten sind so hohl, dass ganze Völker darin Platz haben. Wimpel werden geschwungen, Nationalflaggen...