Steile Thesen

Janáček: Katja Kabanowa GRAZ | OPER

Opernwelt - Logo

Wie war das noch gleich in Ingomar von Kieseritzkys «Mord in der Villa Massimo»? Malt da nicht ein frommer katholischer Künstler unentwegt Monstranzen – bis sich herausstellt, dass der Schlawiner immer nur das weibliche Genital damit gemeint hat? Vergleichbare Heuchelei, aber ohne ironischen Twist, stellt Anita Rutkofsky in ihrer Regie von Janáčeks «Katja Kabanowa» an der Grazer Oper aus: Sie siedelt das Stück kurz nach dem Ende der Sowjetunion unter orthodoxen Gläubigen an. Für Eleni Konstantatous variierten Einheitsraum stand die St. Petersburger St.

-Petri-Kirche Pate: Die Sowjets hatten sie zum Schwimmbad umfunktioniert, jetzt wird hier wieder gebetet – aber beileibe nicht nur: Im Schutz der Dunkelheit hat man hier auch schnellen Sex diverser Spielarten. Das passt zur «Königlichen Tür»: So heißt in der Ostkirche der zentrale Durchgang der Ikonostase, also jener Wand, die den Altarraum vom Kirchenschiff abtrennt. Die Tür steht hier offen: Perspektivisch gestaffelt bauschen sich zu beiden Seiten hin geraffte rosa-lila Vorhänge, die weitere Farben spielen. Wissentlich oder unwissentlich beten also hier alle zur Vulva, zur großen Mutter. Wer es ausspräche, wäre des Todes. Wie ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2023
Rubrik: Panorama, Seite 55
von Walter Weidringer

Weitere Beiträge
Ein großer Abend

Das «erste richtige Liebesduett der Operngeschichte» nennt Ulrich Schreiber den betörenden Schlussgesang in Monteverdis «L’incoronazione di Poppea». Und ja, in diesem Duett ereignet sich Ungeheures; auf dem Fundament eines ostinaten, abschreitenden Lamentos besingt das Liebespaar in hehrer melodischer Schönheit sein Glück. Liebespaar? Genau daran hegt Evgeny Titov...

Vorschau/Impressum 5/23

VORSCHAU
Intensität
Seine Anfänge liegen im Männergesangsverein Neu-Listernohl (Westfalen). Seit Jahren aber sind die großen Bühnen der Musiktheaterwelt sein Zuhause. Dort reüssierte Georg Zeppenfeld zunächst mit Mozart und Verdi, bevor er zu einem der wichtigsten Wagner-Bässe unserer Zeit wurde. Ein Interview

Innovation
Sie ist eine Grenzgängerin, eine...

Familienbande

Es war ein nahezu genialer Schachzug des Countertenors, Regisseurs und Musikmanagers Max Emanuel Cenčić, das Branding «Bayreuth» und zugleich das von den Wagner-Festspielen kaum beanspruchte Markgräfliche Opernhaus für sein Festival «Bayreuth Baroque» zu nutzen. Erstmals im September 2020 den Covid-Wirrungen zum Trotz durchgezogen, war es von Beginn ein Erfolg. Im...