Staunen am Stausee

Die Nationaloper Sofia spielt Opern am Wasser

Plamen Kartaloff ist ein charismatischer Mann. Schlohweißes Haar – eine luxuriöse Bräune und ein gewinnendes Lächeln im Gesicht. In der Pause der Vorstellung von Wagners «Fliegendem Holländer» lädt er den angereisten Opernkritiker zu bulgarischem Weißwein und Thunfisch-Wraps. Wir schauen direkt auf den See. Ein schöner bulgarischer Mann mit Latino-Locken schenkt ein. Was für ein merkwürdiges, schönes Land. 

Über Bulgarien sind viele Geschichten im Umlauf. Ältere Semester erzählen vom Sozialismus, differenzieren sogleich aus; Schatten- und Sonnenseiten.

Der Kapitalismus sei auch keine Lösung. So findet man sich in Diskussionen mit Einheimischen bald in der erzählenden Wiedergabe von Legenden wieder, Idealkonstruktionen – und Entschuldigungen. Hier ein paar unfertige Gebäude. Hier ein paar abgewrackte Ecken. Na und? Gastfreundschaft zählt. Und die wird einem hier überall entgegengebracht. 

Der See, auf den wir blicken, wurde 1956 angelegt. Der Pantscharewo-See. Eine halbe Stunde außerhalb des Stadtkerns von Sofia. Ein künstliches Gewässer, ein Stausee, umgeben von sanften Hügeln, an der einen Seite auslaufend Richtung Staumauer. In dieser Lücke wird nachher, ziemlich genau zur ...

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Opernwelt September/Oktober 2022
Rubrik: Magazin, Seite 80
von Arno Lücker

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