Sehnsucht nach der Puppenstube
Unter allen Opern Verdis nach «Rigoletto» ist «Les Vêpres siciliennes» das Aschenbrödel. Im Gegensatz zu anderen, früher ähnlich selten gespielten Werken wie «Simon Boccanegra» oder «La forza del destino» findet man die Oper aus dem Jahr 1855 heute nicht einmal gelegentlich auf den Spielplänen. Und kommt es einmal zu einer Aufführung, sind sich Fachwelt und Publikum schnell einig: zu uneinheitlich, zu pompös, zu Recht vergessen.
Die Amsterdamer Neuproduktion zeigte, dass es für eine überzeugende Aufführung keineswegs – wie es das Bonmot für «Il trovatore» will – die vier besten Sänger der Welt braucht, sondern viel weniger: zuallererst einen Regisseur, der das Stück wirklich ernst nimmt, dann aber auch einen Dirigenten, der sich nicht vom Glanz der französischen «Grand Opéra» blenden lässt. Geprägt wurde die Aufführung freilich nicht nur von Christof Loys reduktionistischer Bildersprache und präziser Personenführung, sondern auch von der niederländischen Sopranistin Barbara Haveman als überragender Sängerschauspielerin. Mit ihrer etwas kehligen, in allen Lagen souverän geführten und zu zahlreichen Schattierungen fähigen Stimme meisterte sie die halsbrecherische Partie der Hélène. ...
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Die Spielzeit startet mit Verve. In Hannover erlebt Luigi Nonos «Intolleranza 1960» einen Zeitsprung in die Gegenwart: ganz aus der Musik heraus gedacht und gestaltet. Das Schiller Theater in Berlin, ab sofort für einige Jahre Heim der Staatsoper, wurde mit einer Uraufführung (unter Leitung von Daniel Barenboim himself) und zwei zeitgenössischen Einaktern eröffnet....
Ich nippe gerade am Jasmintee, um die gesalzenen Sonnenblumenkerne aus den Zähnen zu spülen, als oben auf der Bühne, unter bunten Lampions und Troddeln, das Spektakel losgeht. Während die Trommelgruppe sich an rasanten Rhythmen die Finger wund hämmert, sausen Speere durch die Luft, werden mit blitzschnellen Drehungen pariert, durch galanten Fußkick auf den Gegner...
Schinznach-Dorf ist ein Ort im Aargau mit 1200 Einwohnern, nicht weit von Zürich entfernt, in der Nähe der deutschen Grenze gelegen, umgeben von Hügeln und Weinbergen. Die Idee, in dieser verschlafenen Idylle ein Opernfestival ins Leben zu rufen, erscheint aberwitzig. Der Tenor Peter Bernhard, der dort wohnt, hatte sie trotzdem und setzte über Jahre hinweg alles...