Schillerndes Spiel

Cavalieris «Rappresentazione», von Klaus Lang konterkariert, im Bockenheimer Depot der Oper Frankfurt

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Einen historischen Lidschlag vor Monteverdi wurde in der römischen Valicellakirche ein Werk von Emilio de Cavalieri uraufgeführt, in dem die ferne Nachwelt einen der Haupt-Vorläufer der im Werden begriffenen Gattung Oper erkannte. Zum Heiligen Jahr 1600 präsentierten der Komponist und sein geistlicher Textdichter Agostino Manni mit der «Rappresentazione di anima e di corpo» so etwas wie eine theatralisierte Predigt mit Tänzen, Gesängen, Instrumentalstücken und dramatischen Formen.



Dabei zeigt sich Cavalieris reifes Meisterwerk (der Komponist starb zwei Jahre später 52-jährig) als ein schillerndes Produkt der jesuitischen Gegenreformation. Dieses Lehrspiel nimmt das verbreitete memento-mori-Weltgefühl jener Zeit zum Anlass, den paulinisch-christlichen Widerstreit zwischen Körper und Geist, weltlichen Versuchungen und himmlischen Verheißungen aufzugreifen und, in vielerlei Anläufen, die Hinfälligkeit jeglicher Lustsuche und die dauerhafte Freude am ewigen Leben zu propagieren. Die
beabsichtigte fromme Askese setzt sich freilich paradox in Szene – mit musikalisch luxurierendem Klangrausch und einem drastisch nervrüttelnden Verlockungs- und Gruselspiel des entfesselten Mimus. Wen ...

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Opernwelt September/Oktober 2013
Rubrik: Magazin, Seite 101
von Hans Klaus Jungheinrich

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