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Max Emanuel Cenčićs Gesangskünste und die Abgründe neobarocker Opernregie: Rossinis «La donna del lago» in Lausanne

Darf ein Countertenor Rossini singen? Die Frage ist so sinnvoll oder so sinnlos wie die nach Bach auf dem Steinway oder – vermutlich hier treffender – die nach Schubert auf dem Cembalo. Natürlich darf er, wenn das künstlerische Resultat überzeugt. Max Emanuel Cenčić überzeugt in den beiden Arien des Malcolm aus Rossinis «La donna del lago», die er schon 2007 auf CD aufgenommen hatte. Er brilliert mit makellosen Fiorituren, wunderschönen Abschattierungen in der 1819 für den «contralto» Rosmunda Pisaroni komponierten Partie.

Noch deutlicher als bei Sängerinnen, die von der Musik des 18. Jahrhunderts herkommen, wird klar, wie viel barocker Ziergesang sogar in der romantischsten aller Rossini-Opern steckt.

Die nicht weniger halsbrecherischen Tenorpartien sind mit Daniel Behle und Juan Francisco Gatell so besetzt, dass die Voraussetzungen für ein Sängerfest gegeben scheinen. Doch im Mittelpunkt dieser Geschichte um Liebe und Clans im schottischen Hochland des 16. Jahrhunderts steht nicht Rodrigo oder König Giacomo und schon gar nicht Malcolm, sondern Elena. Die im Titel genannte «Dame vom See» hat die meisten Arien, alles ist auf sie fokussiert. In ihrem Rollendebüt schlägt sich die ...

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Opernwelt Juni 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Anselm Gerhard

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