Das Heute im Gestern

In Zürich hat die Pflege der Barockoper ihre eigene Tradition. Emmanuelle Haïm und Jetske Mijnssen setzen sie mit Rameaus «Hippolyte et Aricie» in denkwürdiger Weise fort

Ohne Umschweife steht die von Jetske Mijnssen realisierte Zürcher Inszenierung von «Hippolyte et Aricie» dazu, dass es sich bei der Oper Jean-Philippe Rameaus um einen Stoff handelt, der inhaltlich wie formal aus weit entlegener Vergangenheit stammt. Für sein Textbuch hat sich der Librettist Simon-Joseph Pellegrin auf eine Tragödie von Jean Racine gestützt, der seinerseits Vorlagen von Euripides und Seneca beigezogen hat.

Eine dem antiken Mythos entstammende Götter- und Menschengeschichte wird hier verhandelt – präzis nimmt das die klassizistische Säulenhalle auf, die Ben Baur auf die Drehbühne des Opernhauses Zürich gestellt hat. In ihrer formvollendeten Strenge deutet sie auch an, was das Musiktheater Rameaus ausmacht. Anders als sein großer Vorgänger Jean-Baptiste Lully ging Rameau vom Text als dem Zentrum seines Bühnenschaffens aus. Das Wort bot dem Komponisten nicht Anlass für Musik, es bildete vielmehr ihren Kern; durch die Vertonung sollte es zu einer Prägnanz eigener Art finden.

Als Dienerin am Wort gibt sich Rameaus Musik geradezu spartanisch. Sie lebt eher vom rezitativischen Gesang und vom generalbassbegleiteten Streicherklang als von der brillanten Arie und der großen ...

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Opernwelt Juli 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Peter Hagmann

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