Postapokalyptisch

Wagner: Lohengrin an der Metropolitan Opera New York

Mit seiner Inszenierung von Wagners «Parsifal» – einer der tiefsinnigsten und bildmächtigsten Regiearbeiten während der Intendanz von Peter Gelb – feierte François Girard 2013 einen Triumph an der Met. Enttäuschend fiel dagegen sieben Jahre später seine Lesart des «Fliegenden Holländers» aus, mit einer ineffektiven Personenführung und überflüssigen Videoeffekten. Der neue, in einer «diffusen Zukunft» (Girard) angelegte «Lohengrin» befindet sich irgendwo in der Mitte. Musikalisch hingegen überzeugt Yannick Nézet-Séguins Deutung auf ganzer Linie.

 

Ein klarer szenischer Verweis auf die Vorgängerstücke ist das Kostüm des Titelhelden. Lohengrin trägt – wie seinerzeit Parsifal und die Gralsritter – schwarze Hosen und ein weißes Button-Down-Hemd. Die Bühne von Tim Yip ist von unerbittlicher Hässlichkeit: kein Fluss, keine Kirche ist da zu sehen, nicht einmal ein Hochzeitsbett, nur die Projektion von Schwanenflügeln. Anscheinend sind wir in eine postapokalyptische Zeit hineingeraten, in der die (merkwürdig genug, mittelalterlich gewandeten) Menschen in irgendwelchen Kratern in der Nähe eines Industriegebäudes leben – über sich zahllose, hin- und hersausende (Video-)Sterne und andere ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2023
Rubrik: Panorama, Seite 45
von David Shengold

Weitere Beiträge
Editorial 4/23

Um pointiert-scharfzüngige Worte war sie nie verlegen. Und um individuelle Sprachbilder auch nicht. Elfriede Jelinek, die große österreichische Schriftstellerin und Dramatikerin, hat sich mit ihren Romanen, Theaterstücken und essayistischen Gedankensteinbrüchen einen Platz im Olymp der Schreibkünstlerinnen und -künstler längst verdient. Dabei war es der...

Willkürherrschaft

Am Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine eine Oper, die vor dem Hintergrund der Eroberungsfeldzüge Ivans des Schrecklichen spielt: Georges Bizets «Ivan IV» aus der ersten Hälfte der 1860er-Jahre war ein lange Zeit glückloses Werk. Aufführungspläne scheiterten, der fünfte Akt blieb unfertig. Der bedeutende Bizet-Biograf Winton Dean stampfte das Libretto...

1000 Farben: Lila

Die Alpen sind als Opern-Handlungsort von den komponierenden Protagonisten der Musikgeschichte bisher keineswegs verschmäht worden: Gaetano Donizettis «Linda di Chamounix» (1842) bezeichnete der Schriftsteller und Satiriker Eckhard Henscheid einmal verschmitzt als «die höchste Oper». Der (heutige) Ort Chamonix-Mont-Blanc liegt aber an sich «nur» auf ungefähr 1.000...